Bargeldbestand 2014 1billionen Euro
Bargeldverbot rückt näher
Restriktionen
in der Bezahlung mit Bargeld liegen in vielen Ländern vor. Innerhalb
des Euroraums gelten enge Obergrenzen zwischen 1.500 und 3.000 Euro in
Italien, Spanien, Frankreich, Griechenland und Zypern. In Deutschland
werden etwas mehr als 50 Prozent der Kauftransaktionen mit Bargeld
erledigt. Deutschland ist ein Bargeldland…
Die
„Financial Action Task Force (FATF)“ ist ein zwischenstaatliches Organ,
das Standards gegen Geldwäsche und die Finanzierung von Terrorismus
erarbeitet. Viele der Empfehlungen wurden von den Mitgliedsländern
bereits umgesetzt. Dazu zählen die Bargeld-Deklarationspflichten im
grenzüberschreitenden Verkehr.
In
absoluten Zahlen nimmt der Euro-Bargeldbestand noch zu. Er betrug Mitte
2014 knapp eine Billion Euro. Allerdings verlangsamt sich die
Wachstumsrate seit Jahren.
Gut
zu erkennen ist der sprunghafte Anstieg des Bargeldbestandes im Gefolge
des Lehman-Zusammenbruchs Ende des Jahres 2008 (roter Kreis obiger
Chart).
Es
erscheint plausibel anzunehmen, dass ein Bargeldverbot in den Ländern,
die sowieso kaum noch mit Bargeld bezahlen (die mediterranen
Anrainerstaaten), auf keine große Gegenwehr stoßen würde.
Schweden
kommt einem Bargeldverbot bisher am Nächsten. Betrachtet man jedoch die
drei großen Währungsräume Euro, Dollar und Yen, so hat keiner dieser
Räume bisher Erfahrung mit einem Komplettverbot. In den USA wird Bargeld
in kleineren Einheiten akzeptiert. In größeren Einheiten eher nicht. Im
Euroraum sind die Gewohnheiten – wie oben beschrieben –
unterschiedlich. Das deflationsgeplagte Japan ist bis heute ein
Bargeldland geblieben.
Das
Thema „Negativzins“ beherrscht die mediale Debatte. Dieser Betrachtung
fehlt eine wichtige Komponente. Wenn die Preise an den Tankstellen
fallen – so wie jetzt -, dann kann man für das gleiche Geld mehr kaufen.
Fallende Preise erhöhen die Kaufkraft des Geldes. Sie wirken dem
„Entsparen“ entgegen.
Es
reicht also nicht, nur den Zins zu betrachten. Wenn man Zinsen und
Inflation im Kontext betrachtet, gelangt man ohne Umwege zum „Realzins“.
Dieser ergibt sich aus dem Zinssatz minus der Inflationsrate. Was
treibt die Zentralbanker an?Sie wollen, dass Banken mehr Kredite
vergeben. Sie wollen, dass die Pferde nicht nur zur Tränke gehen,
sondern auch saufen….
Sie
wollen, dass Banken mehr Kredite vergeben. Sie wollen, dass die Pferde
nicht nur zur Tränke gehen, sondern auch saufen. Steigt der Realzins –
meist aufgrund fallender Inflationsraten -, verteuern sich die Kredite
real. Die Geldpolitik erfährt eine Straffung. In der Folge lässt die
wirtschaftliche Dynamik nach. Deshalb fürchtet ein Zentralbanker nichts
mehr als einen steigenden Realzins. Mario Draghi betonte diesen Aspekt
jüngst auf dem Bankenkongress in Frankfurt.
Die
Wirkung eines steigenden Realzinses lässt sich historisch belegen.
Einem Anstieg des Realzinses folgte in der Vergangenheit sehr häufig
eine US-Rezession (folgender Chart).
Im
Gegensatz zu EZB verfügt die US-Zentralbank – im Umfeld einer
Inflationsrate von 1,7 Prozent – weiterhin über Manövriermasse. Sie kann
im Fall der Fälle versuchen, die Rendite am langen Ende (derzeit etwa
2,2 Prozent) unter die Inflationsrate zu zwingen. Damit würde sie einen
negativen Realzins generieren – mit positiven Effekten auf die
Wirtschaft.
Die
EZB kann das nicht. Sie ist in einem Umfeld sehr niedriger oder
negativer Inflationsraten weitgehend machtlos. Würde sie weiterhin eine
Geldpolitik der normalen Art betreiben wollen, müsste sie den Zinssatz
unter die Nulllinie senken. Dies nicht nur – wie bisher – für bei der
EZB geparkte Einlagen der Banken, sondern auf breiter Front.
Die
Gründe für eine Abschaffung des Bargeldes liegen – aus Sicht der EZB –
auf der Hand. Im Herbst 2011 betrug die Euroraum-Inflationsrate 3,3
Prozent. Für den November 2014 werden offiziell 0,3 Prozent ausgewiesen.
Angesichts des sich beschleunigenden Falls der Rohstoffpreise lässt
sich ein Rutsch in die Deflation für den Euroraum kaum noch vermeiden.
Damit verliert die EZB ein geldpolitisches Instrument. Der sogenannte
„Zero-Bound“ bildet die Grenze.
Solange
Bargeld existiert, kann der Zero Bound (die Null-Prozent-Grenze) nicht
nennenswert unterschritten werden. Wäre das Bargeld abgeschafft, könnte
die EZB mit einer Zinssenkung auf minus 2 Prozent eine Inflationsrate
von minus 1 Prozent geldpolitisch bekämpfen. Eine solche Zinssenkung
würde den Realzins fallen lassen und so eine Lockerung der Geldpolitik
mit sich bringen.
Doch
selbst wenn weiterhin Euro-Bargeld existieren würde, gäbe es
Möglichkeiten, den Verkehr so zu beschränken, dass die Bürger daran
gehindert werden würden, ihre Konten zu leeren.
Man
würde die Bargeldauszahlung am Schalter beschränken oder abschaffen.
Sie Tageslimits an Geldautomaten liegen bei 1.000 bis 2.000 Euro.
Zusätzlich sehen einige Banken schon jetzt Wochenlimits vor. Eine
geplante Einführung von Negativzinsen könnte von der EZB vorbereitet
werden, indem man die Wochen- und Tageslimits soweit heruntersetzen
lässt, dass nur noch kleinere Auszahlungen möglich sind. Man könnte die
Gebühren an Geldautomaten so regeln, dass eine häufige Nutzung bestraft
wird. Die Bürger würden merken, dass ein zu häufiges Abheben ihr Konto
mehr belastet als die Inkaufnahme eines Negativzinses in Höhe von –
sagen wir – einem Prozent pro Jahr. Der Raum unter der Matratze bliebe
leer.
Kapitalverkehrskontrollen
könnten ergänzend wirksam werden, da das Ersparte stets den höheren
Zins sucht. Und der findet sich vorwiegend im Dollar-Raum. Das große
Kapital dürfte – trotz Kapitalverkehrskontrollen – weiterhin Wege
finden, das Verschieben von Beständen in den Dollar-Raum durchzuführen.
Der Euro würde unter Druck bleiben.
Die
Frage stellt sich, wer das Mandat zur Abschaffung des Bargeldes hat.
Selbst wenn die EZB formal darüber entscheiden könnte, würde die
tatsächliche Entscheidung von der Politik getroffen werden. Das
funktioniert in der EU nicht ohne intensive Diskussionen.
Die
Durchsetzung eines Bargeldverbots, wie es auch die Ökonomen Larry
Summers und Kenneth Rogoff fordern, erscheint entweder im Konsens mit
der Bevölkerung (siehe Schweden als Beispiel) oder aber im Rahmen einer
erneut stärker aufflammenden wirtschaftlichen Krisensituation
vorstellbar.
Klar
ist: Die EZB dürfte derzeit sämtliche denkbaren Optionen prüfen.
Darunter auch Maßnahmen, die es erlauben würden, den Negativzins im
Euroraum auf breiter Front durchzusetzen.
Robert Rethfeld – Wellenreiter-Invest
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