08.06.09
Putin führt den Oligarchen Deripaska vor
Der Premierminister will eine Provinzstadt retten - und zahlen soll der Großunternehmer und mögliche Opel-Investor
Von
Manfred Quiring
Moskau
- Wladimir Putin ließ deutlich erkennen, dass er ungehalten war und ihn
der Aufenthalt in dem Provinzstädtchen Pikaljowo gar nicht amüsierte.
Mit finsterem Blick, leger in eine graue Jacke mit offenem Hemd
gewandet, blickte er auf das Auditorium von örtlichen Verwaltungschefs
und Betriebsdirektoren, denen die Furcht vor dem Mann aus Moskau
anzusehen war.
Gerade erst hatte er die
Verantwortlichen für den Zustand des Zementwerkes in Pikaljowo
heruntergeputzt: "Warum ist die Fabrik so heruntergekommen? Sie sieht
aus wie eine Müllhalde." Dann ließ er sich mit herrischer Geste den
Vertrag reichen, der nach Monaten des Stillstands den Fortbestand des
Zementwerks, der Tonerdefabrik sowie die Auszahlung der ausstehenden
Löhne garantieren sollte. Die 5000 Mitarbeiter des Zementwerkes hatten
nach Stilllegung der Fabrik, die zum Imperium des möglichen künftigen
Opel-Partners Oleg Deripaska gehört, immer wieder demonstriert und ihre
Rechte eingefordert. Sie hatten Bittbriefe geschrieben und den
Gouverneur bedrängt, ohne Ergebnis. Die Lage in der Stadt mit ihren 22
000 Einwohnern wurde brisant dadurch, dass Pikaljowo zu den rund 500
russischen "Monostädten" gehört, ein Erbe aus sowjetischer Zeit. Das
sind Kommunen, die praktisch um eine oder zwei Fabriken herumgebaut
wurden von ihnen abhängig sind. Stirbt der Produktionsstandort, steht
die Stadt am Abgrund.
In
Pikaljowo griffen die Einwohner zu einem äußersten Mittel. Sie
blockierten die Fernverkehrsstraße, die in die Millionenstadt Wologda
führt. Als sie mit der Unterbrechung der Eisenbahnverbindung drohten,
sah sich die Zentrale in Moskau zum Handeln gezwungen.
"Die
Bürokraten rannten durcheinander wie Küchenschaben, als sie erfuhren,
dass ich komme", sagt Putin - und reiste nach Pikaljowo. Auch, um ein
Exempel zu statuieren und die russischen Milliardäre an ihre
Verantwortung in Krisenzeiten zu erinnern. Deripaska, vor einem Jahr mit
28,5 Mrd. Dollar noch reichster Mann Russlands, wurde im Provinznest
Pikaljowo regelrecht vorgeführt. Als Putin in dem Vertrag die
Unterschrift von Deripaska vermisste, winkte er ihn mit herablassender
Geste heran und herrschte ihn an: "Ich sehe Ihre Unterschrift nicht.
Kommen Sie her und unterschreiben Sie!"
Der
Mogul, dessen Vermögen in der Krise auf inzwischen 3,5 Mrd. Dollar
zusammengeschrumpft ist, baute sich verlegen neben Putin auf und
studierte demonstrativ langsam den Vertrag. Kannte er ihn nicht? Oder
wollte er so einen Rest Eigenständigkeit demonstrieren? Nach einer
endlos scheinenden Minute bat er den Premier um einen Stift,
unterzeichnete und wandte sich zum Gehen. "Den Stift!", blaffte Putin
sein Eigentum zurückfordernd. Russlands Großunternehmer, die sich an
diesem Wochenende in St. Petersburg zu einem internationalen
Wirtschaftsforum einfanden, werden den Vorgang aufmerksam verfolgt
haben.
Inzwischen sind
die rund 41 Mio. Rubel Lohnschulden sowie 18 Mio. Rubel Umlaufmittel für
die Zementproduktion auf den entsprechenden Konten eingegangen. In zehn
Tagen soll das Zementwerk die Produktion wieder aufnehmen, auch die
stillgelegte Tonerdefabrik steht angeblich vor einem Neustart. Die
Menschen von Pikaljowo, die sich monatelang ohne Lohnzahlungen
durchbringen mussten und mit ihren Nerven am Ende waren, können
aufatmen, zunächst jedenfalls.
Denn
neben dem Missmanagement und den "überzogenen Ambitionen", die Putin
den Besitzern vorwarf, hat die weltweite Krise die kleine Stadt und das
Zementwerk mit aller Gewalt getroffen. Sinkende Nachfrage und ein
eklatanter Preisverfall machten die Produktion unrentabel. Was sich nach
dem Besuch des russischen Premiers natürlich nicht geändert hat.
Putin
habe in der russischen Provinz zwar den "guten Herrn" gegeben und den
"bösen Deripaska" vorgeführt, der nun die ineffektive Produktion
vielleicht noch ein Jahr aufrechterhalten werde, kommentierte der
Wirtschaftswissenschaftler Alexej Kusmin den Vorgang. Aber dann werde
der Premier erneut eingreifen müssen, "weil es in einem Jahr nicht
besser, sondern schlechter geworden ist".
übliche Hetze und Lüge der Springer Presse, KUSMIN
den Namen sollte man sich merken,er ist ein Lügner und von Amerika
geschmierter Pseudowissenschaftler.
Anmerkung die Fabrik erwirtschaft inzwischen wieder satte Gewinne. (2014)
Anmerkung die Fabrik erwirtschaft inzwischen wieder satte Gewinne. (2014)
Kusmin,
der den Putin-Auftritt nicht als Stärke, sondern als Schwäche des
Staates interpretiert, zieht Bilanz: Es gebe keine Wirtschaftspolitik,
keine Anti-Krisenmaßnahmen. "Die Obrigkeit ist schwach, also wird man
zur direkten Erpressung der Unternehmer und Regionalverwaltungen
übergehen", fürchtet er. Sein Albtraum: Ein Putin, der, "ohne aus dem
Hubschrauber zu steigen", die Probleme von zweitausend Pikaljowos zu
lösen versucht, die sich laut Kusmin in ähnlicher Lage befinden.
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