Bundesbank warnt Euro-Zone vor Marsch in Transferunion
22 Aug 2011 - 11:01
* Prinzip "Gegenseitiger Haftungsausschluss" geschwächt ("aka aufgegeben")
* ESM sollte gelockerte Zinskonditionen nicht übernehmen
* Sekundärmarktkäufe von Anleihen setzen Fehlanreize
Berlin, 22. Aug (Reuters) -
Die Bundesbank warnt die Euro-Zone nach den jüngsten Beschlüssen
in der Schuldenkrise vor einem Marsch in eine Transferunion. Das
Gipfeltreffen vom 21. Juli sei ein "weiterer großer Schritt in
Richtung gemeinschaftlicher Haftung", kritisierte die Notenbank
in ihrem am Montag veröffentlichten Monatsbericht. Durch die
Beschlüsse drohe der ursprünglich vereinbarte institutionelle
Rahmen der Währungsunion zunehmend an Konsistenz zu verlieren.
Wichtige Grundprinzipien wie finanzpolitische Eigenverantwortung
und ein gegenseitiger Haftungsausschluss würden "weiter deutlich
geschwächt".
Die Bundesbank hält es für einen gravierenden Fehler, dass
die Kreditbedingungen für die vor der Pleite bewahrten
Euro-Staaten Griechenland, Portugal und Irland gelockert wurden.
Damit werde der Anreiz deutlich gesenkt, durch finanz- und
wirtschaftspolitische Reformen möglichst schnell wieder solidere
öffentliche Haushalte zu erreichen und an den Kapitalmarkt
zurückzukehren. Die Notenbank warnt zugleich davor, die von dem
vorläufigen Rettungsfonds EFSF gewährten günstigen
Zinskonditionen auch auf den Mitte 2013 startenden dauerhaften
Rettungsfonds ESM zu übertragen. Damit würde der Anreiz erhöht,
ein Hilfsprogramm zu beantragen.
Die Bundesbank sieht auch die Entscheidung kritisch, dem
EFSF die Möglichkeit einzuräumen, künftig Staatsanleihen nach
ihrer Ausgabe am Kapitalmarkt aufkaufen zu können: "Durch
Sekundärmarktkäufe werden die Anreize für eine angemessene
Finanzpolitik zusätzlich reduziert." Während Staaten mit
unsolider Haushaltspolitik auf Hilfen rechnen könnten, würden
fiskalisch stabile Länder stärker zur Finanzierung herangezogen.
Die Anleihen-Ankäufe sind vor einer gesetzlichen Umsetzung der
Gipfelbeschlüsse noch Aufgabe der Europäischen Zentralbank
(EZB). Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatte als
EZB-Ratsmitglied nach Reuters-Informationen zuletzt vergeblich
gegen eine Wiederbelebung des Ankaufprogramms gestimmt, das die
EZB nach Marktturbulenzen um Anleihen Spaniens und Italiens
wiederaufgelegt hatte. Auch die geplante Übernahme der Ankäufe
durch die EFSF sieht die Bundesbank kritisch: "Sofern Anleihen
von Ländern ohne Hilfsprogramme am Sekundärmarkt gekauft werden,
ist unklar, wie eine strikte Bindung an Konsolidierungs- und
Reformauflagen durchgesetzt werden kann."
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