Rettungsplan für Europa Made in America
27.09.2011, 14:59
"Mehr Feuerkraft!" hatte US-Finanzminister Geithner den Europäern zugerufen. Jetzt wollen diese angeblich losballern. Mit einem Trick sollen aus jedem eingesetzten Euro am Ende acht Euro werden. Doch passt der Plan den Deutschen überhaupt ins Konzept? An der Börse wird jedenfalls schon gefeiert: Der Dax gewinnt mehr als fünf Prozent.
Seit Monaten streiten die Europäer über die Rettung der EU-Krisenländer. Zuletzt sind die Amerikaner ungeduldig geworden, weil die Krise in Europa zu einem wirtschaftlichem Flächenbrand zu werden droht. Eindringlich mahnten sie den alten Kontinent, bei der Lösung der Krise endlich voranzukommen. Bild vergrößern Der eine will mehr "Feuerkraft", der andere will sparen: Der US-amerikanische Finanzminister Timothy Geithner (l.) und der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble. In Sachen Euro-Rettung sind sie oft gegensätzlicher Ansicht. (© ddp)
Nun gibt es offenbar einen neuen Plan, der allerdings so neu dann auch wieder nicht ist. Das Zauberwort heißt Special Purpose Vehicle (SPV). Eine solche Zweckgesellschaft will die Europäische Union neu installieren und mit Startkapital aus dem EFSF ausstatten, dem Stabilitätsfonds für überschuldete Euro-Länder. Der EFSF wurde seinerseits 2010 bereits als Zweckgesellschaft gegründet.Der Trick: Die neue Gesellschaft soll dürfen, was EFSF und Europäische Zentralbank (EZB) bisher nicht dürfen: Die Institution soll Staatsanleihen aufkaufen, und zwar nicht nur am Kapitalmarkt, sondern auch direkt von den Regierungen, die sie herausgeben. Die Pläne seien weit gediehen, verbreitet zumindest der US-Sender CNBC.
Sollte die Idee umgesetzt werden, könnte der Druck auf die EZB abnehmen: Kritiker wie Bundesbankchef Jens Weidmann greifen die derzeitige Praxis der EZB an, Staatsanleihen aufzukaufen, obwohl es ihr eigentlich verboten ist. Das könnte nun das neue SPV machen.
Außerdem soll die Zweckgesellschaft eigene Anleihen begeben, die als Sicherheiten bei der EZB dienen. Sie könnte sich wie eine Bank von der EZB Geld leihen. Ziel ist es CNBC zufolge, so Fremdkapital aufzutreiben und damit einen Effekt zu erzielen, der die Ausstattung des EFSF von 400 Milliarden Euro um ein Mehrfaches übersteigt - die berühmte Hebelwirkung.
Eine neue Zweckgesellschaft würde aber vor allem eins bedeuten: Die Europäer tun, was die Amerikaner vorschlagen.
"Mehr Feuerkraft" für die Euro-Hilfsinstrumente wünschte sich US-Finanzminister Timothy Geithner vergangenes Wochenende auf dem Treffen seiner EU-Kollegen im polnischen Breslau (Wrocław). Wenn die europäischen Regierungen schon nicht mehr als die geplanten 440 Milliarden Euro für den EFSF bereitstellen wollten, sollten sie diese wenigstens so wirksam wie möglich einsetzen - Geithner war der Erste, der offen forderte, das per "Hebelwirkung" zu tun. Ein Analyst sagte CNBC, der neue Plan trage einen Stempel: "Made in Washington".
Mit der neuen Zweckgesellschaft wollen die Europäer den Berichten zufolge einen Hebel von bis zu acht zu eins erzielen. Ein EU-Diplomat war am Montag noch etwas bescheidener gewesen: "Wir suchen einen Mechanismus, wie wir aus einem Euro im EFSF fünf machen können."
In Berlin hält man von einer Aufstockung des EFSF nichts: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nannte das eine "dumme Idee". Sie hätte zur Folge, dass einige Staaten ("Deutschland!!!") ihre Bestbewertung durch Ratingagenturen verlieren würden. Er bezog sich auf die Ratingagentur Standard & Poor's. Sie habe am Wochenende auf der Tagung des Internationalen Währungsfonds in Washington explizit gewarnt, dass sie das AAA-Rating Deutschlands und Frankreichs in Gefahr sehe, berichtet die Welt.Schäuble reagierte mit seiner deutlichen Äußerung auch auf die Kritik der FDP. Die Liberalen hatten ihm vorgeworfen, wenige Tage vor der Bundestagsabstimmung über den EFSF neue Zweifel daran zu schüren, ob Regierung und EU nicht weitere Schritte planten.
An der Börse wird unterdessen schon gefeiert: Der Dax gewann am Dienstag zeitweise mehr als fünf Prozent. Zu den größten Gewinnern zählten die Titel großer Banken: Deutsche Bank und Commerzbank gewannen jeweils mehr als zehn Prozent.
Kommentare:
Hardy1974 schreibt @nicknorris
"Warum sollen die Zentralbanken und der EFSF nicht das Gleiche tun dürfen wie die ganz Großen: Für 1Euro Eigenkapital 10 Euro verleihen?"
Die "ganz Großen" hebeln mit über 30. Was im Übrigen ein Teil des Problems, nicht der Lösung ist, s.u.
"Mit dem Vorschlag von Geithner würden sowohl EZB als auch EFSF jeden Stresstest bestehen, könnten aber mit Billionen den Spekulanten trotzen. "
Und es stimmt Dich nicht nachdenklich, dass man nur einen "Hebel" ansetzen muss - die Menge des bereitgestellten Geldes ändert sich ja nicht! - und plötzlich ist alles in Butter? Ich stelle meinen Kuchen vor einen Spiegel und habe plötzlich doppelt so viel? Bin ich der Einzige, der hierbei mißtrauisch wird?
"wie kommen Sie auf eine unabwendbare Inflation? Derzeit droht Depression und Deflation.
Es gibt ja nicht nur die Inflationsentwicklung nach Keynes, sondern auch die des Monetarismus. Und wenn Dir diese Theorie nicht gefällt weil sie nicht in Dein Weltbild passt, widerlege sie.
"Die Inflationserwartung für die kommenden 10 Jahre ist in den USA auf 1,77% gefallen."
Die Lebenserwartung der Bank Lehman Brothers betrug Mitte 2008 sicherlich mehr als 3 Monate. Wer ernsthaft die Inflation auf 10 Jahre vorhersagen will, ist ein Lügner. Davon abgesehen: Die offizielle Inflation ist - egal in welchem Land - eher ein Lügenkorb denn ein Warenkorb.
Yog-Sothoth schreibt @Hardy1974
"Ich stelle meinen Kuchen vor einen Spiegel und habe plötzlich doppelt so viel? Bin ich der Einzige, der hierbei mißtrauisch wird?"
Ja, denn die "Finanzwelt" ist nichts weiter als das, was die Religion noch vor 400 Jahren war. Bedeutsam, gefürchtet und verehrt, jedoch von Menschen gemacht und genauso vom Menschen wieder zum Einsturz zu bringen. Solange die Mehrheit den Quatsch glaubt, hat er auch in der Realität konsequenzen. Mittlerweile wird der Katholenverein zumindest hier nur noch mitleidig belächelt. Das gleiche wird mit der Finanzwelt passieren, da es kein "Natursystem", bzw. eine Vertragsgrundlage aller Menschen ist und diese lässt sich ändern. Um zu deiner Frage zurückzukommen:
Nein, ich bin nicht misstrauisch, warum denn auch? Die Basis des Systems ist Vertrauen und Hoffnung, da kann man auch aus einem Kuchen wie durch Gotteshand (wieder der Religionsbezug;-)) zwei oder 5000 machen:-)
bbinder77 schreibt Europäischer Stabilitätsmechanismus ESM von der Demokratie zur Diktatur in Europa
Mit dem ESM solllen wir endgültig über den Tisch gezogen werden:
http://www.youtube.com/watch?v=wv50qKHXUI8
Quelle: http://www.zivilekoalition.de/
Da kann ich nur noch hoffen, dass diesen Wahnsinn der Bundespräsident bzw. das Bundesverfassungsgericht stoppen.
- kraus23sz schreibt Und schon wieder könnt ich Rotz und Wasser heulen ..... ... wie so oft in letzter Zeit bei diesem Thema.
Auch dieser Vorschlag ändert doch letztlich nichts am Grundproblem,
da auch hier lediglich weiterhin die Finanzblase und das blinde Wachstumsparadigma stabilisiert werden.
Die Amis haben nun wirklich überhaupt keinen Grund Ratschläge zu verteilen, denn die Euronenkrise keimt seit 2008 und 2008 geht auf das Konto der Amis!!!!
Deren Lösung: Weiter so, um jeden Preis. Die Folgen dieses Treibens bleiben trotzdem die selben, allerdings wurde in diesem Fall die Arschkarte elegant an die Euronen weitergegeben.
*schneufz*27.09.2011 um 15:59 Uhr
eddie-Ed schreibt es ist schon das perfekte Timing... ....der ESFS ist fast beschlossen, schon kommen die Wirtschaftsweisen daher, und tun sehr unabhängig und wissenschaftlich und haben seltsamerweise genau die selben Ansichten.
Nur muss jedem klar sein, dass die Wirtschaftsweisen von der Bundesregierung selbst bestellt sind. HInzu kommt, dass die Wirtschaftsweisen ausdrücklich lediglchen Fehlentwicklung und deren Vermeidung ansprechen dürfen. Sie dürfen dagegen keine Vorschläge zu wirtschaftspolitischen Maßnahmen machen. Es ist skandalös. Die Bevölkerung wird an der Nase herumgeführt.
Man stelle sich vor, Frau Merkel hätte einfach gesagt, WIR, die Deutschen zahlen griechische Schulden und die Zockersünden der französichen Banken. Was wäre da los gewesen. So hat es die Bundesregierung geschafft uns das Geld aus der Tasche zu ziehen ohne dass wir es überhaupt merken. DAs ist skandalös.
DAs kommt aber auf uns zurück. Die Folgegenerationen und die späteren Rentner müssen bitter dafür büßen. Irgendwo muss das Geld ja herkommen.
Es ist ein Segen, dass S&P mit der Herabstufung Deutschlands droht. - Svensk schreibt @Jabran ist ein Troll Er sitzt in der amerikanische Botschaft und schreibt hier Zeugs: Ein Witz, dass in den USA Wirtschaft und Politik getrennt ist. Da mag er sich alleine mal den Unsinn der Präsidentschaftswahlen ansehen. Da sieht er schnell, wie abhängig die Politik von der Wirtschaft ist. Und die Automobilkrise hat ähnliches gezeigt. Also so einen Unsinn habe ich mein ganzes Leben nicht gehört.
- GS_Treiber schreibt @hardy1974 "Ich stelle meinen Kuchen vor einen Spiegel und habe plötzlich doppelt so viel? Bin ich der Einzige, der hierbei mißtrauisch wird? "
NEIN, definitiv nicht. :-) - Svensk schreibt Moodys steht schon mit gezücktem Messer: " Mit einem Trick sollen aus jedem eingesetzten Euro am Ende acht Euro werden."
Und nun muss ich doch eine Lanze für die Ratingagenturen brechen. Denn wenn wir hier versuchen, die Märkte zu veräppeln brauchen wir uns doch nicht zu wundern,wenn wir die Quittung bekommen!!! Wir sollten doch zu einer soliden Finanzpolitik zurückkehren und nicht die Lügereien von Griechenland, Italien und Frankreich unterstützen.
Und für blöd sollte man die Ratingagenturen nicht halten. Auch wenn ich meine, dass sie halt nicht objektiv sind, denn sonst würden sie dem smarten Geitner seinen Dollar um die Ohren hauen. - country_air schreibt Die Amerikaner sollen sich nicht immer in fremde Dinge einmischen. Die Amerikaner sollen sich nicht immer in fremde Dinge einmischen. Der Unterschied zwischen EU und USA ist 1. für Europa: Die politische Struktur in Europa ist instabil und 2. für die USA: Das Problem einer politische Blockade (Tea Party). Da kann man sehr reich sein und trotzdem bankrott gehen.
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