Mittwoch, 30. Mai 2012

Spiegel:Rockefellers und Rothschilds gründen Investmentfond


 

Allianz des Geldadels Rockefellers und Rothschilds verbünden sich

Patriarch David Rockefeller: Allianz mit den RothschildsZur Großansicht
AP
Patriarch David Rockefeller: Allianz mit den Rothschilds
Zwei der bekanntesten Wirtschaftsdynastien schließen sich in der Finanzkrise zusammen. Der Rothschild-Clan steigt bei der Vermögensverwaltung der US-amerikanischen Rockefeller-Familie ein. Den Deal fädelten laut "Financial Times" die beiden Patriarchen ein.
London - Es ist ein Zusammenschluss, der beim Geldadel für Aufsehen sorgen dürfte: Zwei erfolgreiche Dynastien verbünden sich, um einen Teil ihrer Reichtümer gemeinsam zu verwalten. Wie die "Financial Times" berichtet, beteiligt sich die Investmentgesellschaft von Lord Jacob Rothschild an der Finanzgruppe des Rockefeller-Clans. Demnach steigt RIT Capital Partners mit einem Anteil von 37 Prozent bei der Rockefeller-Gruppe ein.

Das transatlantische Bündnis bringt zwei der bekanntesten Clans der USA und in Europa zusammen. Die Rothschilds sind eine der großen europäischen Bank-Dynastien. Der Münzhändler Mayer Amschel Rothschild legte Ende des 18. Jahrhunderts in Frankfurt am Main den Grundstein für das Finanzimperium. Seine fünf Söhne bauten die Geldgeschäfte am Stammsitz, in London, in Italien und in Paris auf. Mit der Finanzierung der Schlacht von Waterloo und des Suez-Kanals sowie dem Aufbau des französischen Bahnnetzes schuf sich das Bankhaus ein Finanzimperium und großen Einfluss. Der Reichtum wurde auch in Industrie, Eisenbahnen, Gold und Bergbau investiert. Der Name Rothschild steht zudem für exzellenten Wein. Die Rothschilds setzten bei den Geschäften stets auf ihr weitverzweigtes familiäres Netzwerk. Das wiederum passt bestens zu den Rockefellers. Diese gehören in den USA zu den bekanntesten Industriellenfamilien. Das Imperium wurde von John D. Rockefeller aufgebaut, der Ende des 19. Jahrhunderts die Standard Oil Company gründete. So brachte er es zum reichsten Mann der Welt und war der erste Amerikaner, der ein Vermögen von mehr als einer Milliarde Dollar besaß. Seine Nachfahren zeigten sich ebenso geschäftstüchtig. Sie bieten Vermögensverwaltung für Privatleute, Stiftungen und andere Institutionen an und betreuen ein Vermögen von 34 Milliarden Dollar.
Ein großer Deal nach langen Verhandlungen
Laut "FT" wollen die beiden Clans nun gemeinsam Investmentfonds aufbauen, sich nach neuen Anlagemöglichkeiten umschauen und einander Posten in Aufsichtsgremien einräumen.
Die beiden Patriarchen der Familien - der 96-jährige David Rockefeller und der 76-jährige Lord Rothschild - pflegen laut "FT" seit mehr als fünf Jahrzehnten(!) persönliche Beziehungen. Sie sollen auch den nun publik gewordenen Deal eingefädelt haben. Lord Rothschild ist Chef von RIT Capital Partners. Vor zwei Jahren sollen sich die beiden Männer getroffen haben, und Rockefeller machte Rothschild mit Reuben Jeffery bekannt, dem Manager, der die Rockefeller-Finanzgruppe leitet.
Ein Jahr später habe Rothschild den Manager davon überzeugt, über den Einstieg der europäischen Finanzdynastie in die Finanzgruppe der Rockefellers zu verhandeln. Nun ist das Geschäft perfekt.
mmq

Donnerstag, 3. Mai 2012

FAS:Legalität als letzter Ausweg Machen wir Frieden mit den Drogen

Legalität als letzter Ausweg Machen wir Frieden mit den Drogen

02.05.2012 ·  Zehntausende Tote hat der Krieg gegen die Kartelle gekostet. Und trotzdem ist er gescheitert. Was, wenn man den Stoff einfach kaufen könnte?
Von Claudius Seidl und Harald Staun
© AP Die mexikanische Bundespolizei - ausgerüstet für den Drogenkrieg

* Die Politik *

Vor vierzig Jahren ging los, was Richard Nixon, damals Präsident der Vereinigten Staaten, den „Krieg gegen die Drogen“ nannte - und weil man ein Pfund Heroin nicht erschießen kann, richteten sich die Kampfhandlungen gegen all die Menschen, die mit den Drogen in Berührung kamen: gegen jene, die diese Drogen nahmen, vor allem die Süchtigen in den Slums der großen Städte; gegen alle, die mit den Drogen handelten, gegen die kleinen Dealer und die großen Händler; gegen die Schmuggler, die Kuriere, die Produzenten. Gegen die Leute, die Crystal Meth kochten, gegen die Chemiker, die Rohopium zu Heroin veredelten. Gegen die Mohnpflanzer in Afghanistan und gegen die Cocabauern im südamerikanischen Hochland. Und wenn es schon sinnlos war, auf Drogen zu schießen, so konnte man doch die Mohnfelder und Cocaplantagen aus der Luft zerstören, mit Gift, mit Bomben, mit schwerem militärischem Gerät.
Wenn man Bilanz ziehen wollte, was dieser Krieg, der andauert, wem gebracht habe: Dann könnte man damit, weil die Opfer so viele und die Schäden unermesslich sind, ein paar tausend Seiten füllen. Man kann sich aber auch ein bisschen kürzer fassen: Die Gefängnisse, vor allem in den Vereinigten Staaten sind voll; der Konsum von Drogen hat aber nicht abgenommen. Im Norden Mexikos sind die Kartelle der Drogenhändler mächtiger als die Polizei, das Drogengeld hat die gesamte Verwaltung korrumpiert.
In den Städten Brasiliens regieren Drogengangs ganze Favelas, in Afghanistan treibt der Drogenkrieg die Bauern an die Seite der Taliban, die ihre Waffen mit Drogengeld finanzieren. In Afrika, wo die Schmuggelrouten nach Europa beginnen, läuft die Entwicklung darauf hinaus, dass mit Drogengeldern ganze Staaten übernommen werden. In Guinea-Bissau, dem kleinen Land an der Westküste Afrikas, dem man nachsagt, dass es fast schon in der Hand der Drogenmafia sei, hat in der vorvergangenen Woche das Militär geputscht, weil der Favorit bei der Präsidentschaftswahl den Drogenhandel bekämpfen wollte. Das Militär verdient mit, und jetzt wird erst mal zwei Jahre lang nicht gewählt.
Der kluge Publizist und Kommentator Fareed Zakaria hat in der vergangenen Woche, auf der Website von CNN, dennoch versucht, aus dem ganzen Chaos in Mexiko die guten Nachrichten herauszufiltern. Seit dort Felipe Calderón regiert, seit September 2006, habe es im Drogenkrieg 50.000 Tote gegeben. Das, schreibt Zakaria, sei ein sehr hoher Preis: „Aber es war eben kein leichter Krieg.“ Immerhin sei es, seit Calderón die Armee gegen die Drogenkartelle aufmarschieren lasse, gelungen, mehr als vierzig Bosse zu töten. Und die drogenbedingte Mordrate, die von 2007 auf 2008 um 29 Prozent gestiegen sei, steige inzwischen nur noch um acht Prozent.
Aha. Sie fällt also nicht, sie steigt nur langsamer. Wenn das gute Nachrichten sind: Wie liest sich dann eine schlechte? Zumal selbst Zakaria glaubt, dass, wenn das mit den Erfolgen in Mexiko so weitergeht, die Kartelle nur nach Guatemala ausweichen werden. Dort regiert, seit dem vergangenen Herbst, Otto Pérez Molina, ein Ex-General und politisch konservativer Politiker, der sich noch im Wahlkampf als harter Hund inszenierte. Als aber vor zwei Wochen die Staatschefs aus Amerika sich im kolumbianischen Cartagena zum Gipfel trafen, da war es Pérez, der, gemeinsam mit dem kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos und dem angeblich so erfolgreichen Mexikaner Calderón, den Vereinigten Staaten besonders klar und deutlich bescheinigte, dass deren „war on drugs“ gescheitert sei: „Entkriminalisierung“ sei viel besser geeignet, die Macht der Drogenkartelle zu brechen, als immer mehr Feuerkraft.
Und ein Aufruf der Ex-Präsidenten Fernando Henrique Cardoso aus Brasilien, César Gaviria aus Kolumbien und Ernesto Zedillo aus Mexiko ging noch weiter: Der vierzigjährige Drogenkrieg habe verheerende Wirkungen für ganz Amerika. Weder die Produktion illegaler Drogen noch deren Konsum sei zurückgegangen. Gewalt und Korruption, vor allem in den Staaten Mittelamerikas, bewiesen nur, dass die Kriminalisierung der Drogen erst die Probleme hervorbringe, welche der Krieg gegen die Drogen dann bekämpfen solle. Lasst die Abhängigen in Ruhe, und schaut zu, dass ihr den Handel staatlich reguliert: Das ist die Forderung, der sich immer mehr lateinamerikanische Politiker, Ökonomen, Intellektuelle anschließen. Wirtschaftsexperten aus Afghanistan wie Ashraf Ghani sagen seit langem, dass die Entkriminalisierung auch in ihrem Land das einzige Mittel sei, die Macht von Mafia und Taliban zu brechen.
Präsident Obama, beim Gipfel in Cartagena, gestand den Lateinamerikanern immerhin zu, dass man über die Forderung nach Legalisierung der Drogen reden könne. Er und seine Regierung blieben allerdings dabei: So eine Legalisierung sei der falsche Weg. Wenn die vergangenen vierzig Jahre aber etwas lehren, dann ist es das: Man kann gegen Drogen keinen Krieg führen - und schon gar nicht gewinnen. Es ist also höchste Zeit, endlich mal zu prüfen, ob man mit den Drogen seinen Frieden machen kann.

* Die Straße *

Wie viele Junkies kann man eigentlich am Tag festnehmen? In einer Stadt wie Baltimore sind es ungefähr vierzig, vielleicht fünfzig, an manchen Tagen ein paar hundert. Ein paar von ihnen sitzen eine Nacht in einer Zelle im Revier, dann stehen sie wieder auf der Straße, bei all den anderen, die nicht auf ihre tägliche Dosis Heroin oder Kokain verzichten können, 50.000 bis 60.000 sind es in Baltimore, fast zehn Prozent der Einwohner. Nur für einen Bruchteil findet sich ein Platz in den überfüllten Gefängnissen der Vereinigten Staaten, wo heute schon ein Fünftel der Insassen wegen eines Drogendelikts sitzt; eine halbe Million Menschen ist das mittlerweile, 1980 waren es 41.000.
Aber wie viele man auch einsperrt, es bleiben immer genug draußen, um das Spiel weiterzuspielen, das Amerika dort im Griff hat, wo es schwarz ist und arm. Hier, an den Straßenecken in den verlassenen Zentren der Großstädte, kann sich schon lange niemand mehr daran erinnern, dass es einmal eine Zukunft gab. Dass, wer hier lebte, eine Wahl hatte, die nicht nur darin bestand, ob man ein Junkie wird oder ein Dealer. Von allen Schauplätzen des Kriegs gegen die Drogen sind diese Orte vielleicht die traurigsten, weil niemand, der ihn hier kämpft, noch irgendetwas zu gewinnen hat. Die Abhängigen, die Händler, die Polizisten, die Bürger - es gibt nur Verlierer.
Monroe/Fayette: Das ist so eine Straßenecke, wie es Tausende gibt, in Baltimore, Atlanta oder Oakland. Der amerikanische Autor David Simon und der ehemalige Polizist Ed Burns haben sich dort einmal ein Jahr lang hingestellt und sich angeschaut, wie Menschen leben, dort, wo keine Gesetze mehr gelten, weil sowieso alle wie Kriminelle behandelt werden. Simon und Burns haben ein Buch über diese Ecke geschrieben, „The Corner“ heißt es und gilt als Grundlage der Fernsehserie „The Wire“. Gerade ist ihre Reportage auch auf Deutsch erschienen (Kunstmann-Verlag, 800 Seiten, 24,95 Euro), nach fünfzehn Jahren, und wer sie liest, wünscht sich, dass sie ein wenig mehr von ihrer Aktualität eingebüßt hätte.
Es hat sich aber kaum etwas geändert. Außer vielleicht, dass der Drogenkrieg inzwischen zu einer historischen Erfahrung geworden ist, der Fatalismus, sich damit abfinden zu müssen, zu einer Tugend. Seit zwei bis drei Generationen geht das nun so, wo keine Hoffnung mehr lebt, kriegt man seine Kinder jung. Und die, die glauben, für die Gerechtigkeit zu kämpfen, für Sauberkeit und Ordnung, wissen längst nicht mehr, wie das geht. Sie fahren durch die Straßen West Baltimores wie Soldaten durch ein besetztes Land. Sie sehen keine Bürger mehr, sondern nur Feinde. Sie halten jede Festnahme für einen Erfolg. Sie präsentieren Drogenfunde stolz auf Pressekonferenzen, als wäre nicht die Nachfrage das Problem, sondern das Angebot. Sie gehören längst zum Spiel: die Polizeipräsidenten, die mit ihren Quoten prahlen, und die Politiker, die immer wieder neu versprechen, eine Lösung parat zu haben. Sie sind, so jedenfalls beschreiben es Simon und Burns, „Teil eines Wachstumsmarkts“.
Mit jeder Schlacht wird dieser Krieg nur größer, und dass er nur eine Metapher ist, dieser Krieg, hilft leider gar nichts, solange die Beteiligten in ihrer Logik gefangen sind. Nachdenken, Umdrehen, Aufgeben: Das sind Manöver, die viel zu sehr nach Kapitulation klingen, wer immer auch der Feind wäre. „Es ist nicht so, dass all dies zu wenig bringt oder dass mehr davon auch mehr bringen würde“, schreiben Simon und Burns über das immer härtere Vorgehen der Polizisten. „Vielmehr ist es so, dass nichts von alldem überhaupt funktioniert. Die Taktiken sind tadellos, bloß gibt es nicht einmal den Ansatz einer Strategie.“ Und wenn es überhaupt eine Erkenntnis gibt, die man nach dreißig, vierzig Jahren vergeblichen Kampfes gelernt haben könnte, dann lautet sie: „Niemand wird auch nur einen Tag seinen Schuss auslassen.“

* Der Markt *

Eine Tonne Kokain zu produzieren kostet zurzeit um die 3000 Dollar. Eine Tonne Kokain, an den Endverbraucher gebracht, bringt, je nach Marktlage, dreißig bis fünfzig Millionen Dollar ein. Die Differenz setzt sich zusammen aus Transport- und Vertriebskosten, einerseits. Und andererseits den Gewinnen. Der Anteil der Kosten bemisst sich in Promille.
Das ist die ökonomische Grundbedingung des Drogenhandels, daraus leitet sich alles andere ab. Wenn also die Nachrichten mal wieder melden, dass der Polizei ein schwerer Schlag gegen die Drogenmafia gelungen sei, zweihundert Kilo Kokain seien beschlagnahmt worden: Dann ist das einfach Quatsch. Dieselbe Menge lässt sich jederzeit wiederbeschaffen - und wenn Transport und Vertrieb ein bisschen schwieriger werden, gibt es eben einen kleinen Preisaufschlag für die Konsumenten.
Das ist das Vertrackte an der Ökonomie der Drogen - sie funktioniert ganz anders, als unsere Intuition das vermutet. Wenn zum Beispiel im Krieg gegen die Drogen tatsächlich mal ein Etappensieg errungen wird, wenn die Produktion gestört wird, die Nachschubwege blockiert sind, dann hat das, weil Süchtige nicht auf ihr Gift verzichten wollen, vor allem zwei Effekte: Der Preis steigt, die Gewinnspanne der Händler wird größer. Und die Verbrechensrate in Europa und Nordamerika steigt auch: weil die Süchtigen noch ein bisschen krimineller werden müssen, um sich ihre Droge leisten zu können.
Wenn umgekehrt nichts geschieht; wenn also der Nachschub gesichert ist, die Produktion ungestört bleibt: dann sinkt der Preis - und in Afghanistan, wo in manchen Jahren mehr Rohopium produziert wird, als der gesamte Weltmarkt überhaupt nachfragt, kann man immer wieder beobachten, was bei sinkenden Preisen geschieht: Es lohnt sich für manche Bauern nicht mehr, Mohn anzubauen, man wechselt zu legalerem Gemüse.
Man kann diesen Markt auch so beschreiben: Die Nachfrage ist nicht sehr elastisch - die Steuerberaterin und der Mathelehrer werden nicht anfangen, Heroin zu spritzen, nur weil es die Droge gerade im Sonderangebot gibt. Und der Süchtige wird sich den nächsten Schuss setzen wollen, ganz egal, was die Droge gerade kostet. Eine Gruppe von Ökonomen um den Nobelpreisträger Gary Becker hat daraus schon vor acht Jahren den Schluss gezogen, dass es besser wäre, die Drogen zu legalisieren. Der Aufsatz „The Economic Theory of Illegal Goods“ ist 36 Seiten dick und voll von sehr speziellen Formeln, weshalb er hier nicht in seiner vollen Komplexität referiert werden kann. Er läuft aber auf folgenden Vorschlag hinaus: Man sollte die Drogen legalisieren, den Handel staatlich regulieren - und die Drogen dann so stark besteuern, dass der Preis sehr hoch bleibt und alle Gelegenheitsnutzer, alle Malausprobierer und die Jugendlichen sowieso abschreckte.
Wie immer, wenn Preise künstlich hochgehalten werden, entstünde ein Schwarzmarkt. Den allerdings könnte man mit voller Härte bekämpfen - und der Unterschied zum „war on drugs“ wäre eben der, dass ein solcher Kampf den Preis so lange nach oben drückte, bis es billiger wäre, sich die Drogen legal zu beschaffen.
Hört sich bisschen kompliziert an, ist aber ein bestechend gut durchdachter Vorschlag, der den Nebeneffekt hätte, dass da doppelt Geld zusammenkäme: das viele Geld, das nicht für den sinnlosen Großkrieg gegen die Drogen ausgegeben werden müsste. Und das Geld, welches der Steuer statt der Mafia zugutekäme.

* Die Jobs *

Es sind ja nicht nur ein paar Hippies, die nach der Legalisierung rufen. In der Global Commission on Drug Policy beispielsweise, einer Initiative, die sich dafür einsetzt, den Kampf gegen die Drogen mit intelligenteren Mitteln zu führen als mit konventionellen Waffen, sitzen Rebellen wie der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan, der ehemalige Nato-Generalsekretär Javier Solana, der ehemalige US-Notenbankchef Paul Volcker. Der interessanteste Ehemalige aber, der für die Legalisierung plädiert, ist Vicente Fox Quesada. Fox war von 2000 bis 2006 Präsident von Mexiko. Kurz nach seinem Amtsantritt versprach er, dem organisierten Verbrechen „die Mutter aller Schlachten“ zu liefern.
In seinem Wahlkampf spielte der Kampf gegen die Drogenkartelle kaum eine Rolle, es gab nur einen Feind: Seit 71 Jahren hatte die Partido Revolucionario Institucional (PRI) das Land im Griff; um gewählt zu werden, genügte Fox ein Wort: „Ya!“ - „Es reicht.“ Die heute so berüchtigten Kartelle aus Sinaloa, Tijuana oder von der Golfküste waren damals kaum mehr als regionale Banden, der Schwerpunkt des Drogenhandels lag in Kolumbien. Als Dienstleister für die Produzenten aus Medellin schmuggelten sie kolumbianisches Kokain über die amerikanische Grenze, erst nach und nach begannen sie, auf eigene Rechnung zu arbeiten. Und sosehr sich viele über das Ende der Einparteienherrschaft der PRI freuten, so fruchtbar war das politische Klima für das Wachstum der Drogenbanden. Das alte System war korrupt und autoritär, es gab also keinen Grund, es mit Waffen zu bekämpfen.
Für Fox’ Agenda war das Thema kein zentrales, aber für seine amerikanischen Freunde. Am 14. März 2003 begann der Krieg. In Matamoros, einer Kleinstadt im Bundesstaat Tamaulipas, verhaftete das mexikanische Militär den Chef des Golfkartells, Osiel Cárdenas Guillén, und die Art und Weise seiner Festnahme setzte Maßstäbe, die im Prinzip bis heute gelten.
Davor, so etwa beschreibt es der britische „Time“-Journalist Ioan Grillo in seinem grandiosen Buch „El Narco“, habe die Polizei, wenn sich das Verbrechen nicht mehr ignorieren ließ, die Capos einfach aus dem Verkehr gezogen. Klar, Korruption gab es auch unter dem Regime der PRI, doch damals waren es noch die Polizeibeamten, die ihre kriminellen Freunde fallenlassen konnten, nicht umgekehrt.
Cárdenas aber brach die Spielregeln, er wollte sich nicht einfach fassen lassen, vor allem aber glaubte er, dass er es verhindern konnte. Ein paar Jahre vorher hatte er sich aus ein paar Dutzend mexikanischen und guatemaltekischen Elitesoldaten eine paramilitärische Leibgarde rekrutiert, eine Einheit, die mittlerweile im eigenen Namen Angst und Schrecken verbreitet: Los Zetas. An jenem Märztag lieferten sich die Zetas ein mehrstündiges Feuergefecht mit der mexikanischen Armee, verteidigten den Unterschlupf Cárdenas und gaben erst auf, als ihr Boss im Flugzeug nach Mexiko-Stadt saß.
Erwartungsgemäß wurde Cárdenas’ Festnahme als großer Sieg gefeiert; wie dumm das war, zeigte sich später. Die Machtkämpfe innerhalb des Golfkartells um die vakante Chefposition waren so blutig wie die Grabenkämpfe zwischen rivalisierenden Gruppen, und wenn die neuen Capos etwas gelernt hatten, dann, dass ihre Söldnertruppe noch nicht schlagkräftig genug war, dass sie einfach noch mehr Waffen brauchten, noch mehr Soldaten, noch mehr Brutalität. Und heute, da 50.000 Soldaten gegen 50.000 Narco-Gangster stehen, verzeichnet die Bilanz des Krieges 50.000 Tote in den vergangenen fünf Jahren. Und nur wer den Stoff, der dieses Gemetzel antreibt, völlig aus den Augen verloren hat, verbucht es als Erfolg, wenn sich die Gangster gegenseitig umbringen.
Die Kartelle sind längst mehr als Mördertruppen, sie sind eine gesellschaftliche Macht. In großen Teilen der unterprivilegierten Bevölkerung genießen sie Anerkennung, in manchen Gegenden werben sie um Mitglieder mit Dienstwagen und Rentenversicherung, die Charts sind voll von Liedern, die die Heldentaten der Capos besingen; und wenn man die Kinder auf den Straßen von Nuevo Laredo oder Ciudad Juárez fragt, was sie mal werden wollen, dann steht der Job des „narcotraficante“ ganz oben auf der Liste. Und das Land, das so gerne eine mustergültige Demokratie wäre, muss seine Armee gegen seine eigenen Bürger kämpfen lassen, weil die Polizei zu machtlos ist und oft auch zu korrupt.
So umfassend ist der Einfluss der Drogenmafia mittlerweile, so diversifiziert ihr auf künstlicher Knappheit basierendes Geschäftsmodell, dass ihr trauriger Erfolg von Kritikern der Legalisierung sogar als Gegenargument herangezogen wird: Marihuana, sagen sie, sei heute nur noch ein sehr kleiner Teil des kriminellen Portfolios aus Prostitution, Waffenhandel und Korruption. Weshalb ein Zusammenbruch des Drogenmarktes an ihrer Macht nichts ändern würde. Am Ende ist das wohl die traurigste Form der Kapitulation.
Der Mann aber, der damit angefangen hatte, den Krieg gegen die Drogen an seine Soldaten zu delegieren, hat mittlerweile aufgegeben, an diesen Irrsinn zu glauben. Legalisierung sei der einzige Weg, sagt heute auch Vincente Fox. Als guter Katholik weiß er auch, warum: „Prohibition hat schon im Garten Eden nicht funktioniert“, erklärt er. „Adam aß den Apfel.“

* Die Umwelt *

Was also wäre, wenn? Was wäre, wenn jeder die Drogen seiner Wahl im Fachhandel kaufen könnte, in einem der dreitausend Läden etwa, mit denen der Deutsche Hanfverband alleine für den Verkauf von Cannabis rechnet? Wenn Inspektoren einer Gesundheitsbehörde darauf achten würden, dass Händler keinen gestreckten Stoff mehr anbieten, und wenn auch die Käufer nicht mehr durch deren Monopol gezwungen wären, jeden Dreck zu kaufen? Und wenn ein Kokainkunde, der von seinem Dealer übers Ohr gehauen wurde, ganz einfach vor Gericht ziehen könnte, um ihn zu verklagen, statt ihn mit den Mitteln zur Rechenschaft zu ziehen, die im gesetzfreien Raum für adäquat gehalten werden?
Es gibt, das zumindest ist die Basis eines marktwirtschaftlichen Rechtsstaats, durchaus ein paar sehr effektive legale Instrumente der Kontrolle und Reglementierung. Solange aber Drogen verboten sind, ist alles, was mit ihnen zu tun hat, illegal. Und wo das Gesetz nicht hinkommt, da hat es keine Macht. Zu den eher unbekannten Problemen des Kokains etwa gehört das ökologische Desaster, das seine Herstellung mit sich bringt: Der Anbau zerstört den Regenwald, für die Gewinnung aus den Coca-Blättern benötigt man pro Kilogramm drei Liter Schwefelsäure, bis zu achtzig Liter Kerosin und einen Liter Ammoniak, die Abwässer landen ungefiltert in den Flüssen. Mag sein, dass das ein Schaden ist, den man vernachlässigen kann, solange Menschen sterben. Aber es ist ein ganz gutes Beispiel für die grundsätzliche Ohnmacht politischer Maßnahmen: Wie soll man eine Fabrik kontrollieren, die es nicht geben darf? Es ist gar keine Frage: Drogen verursachen riesige Probleme. Man sollte es nicht Kriminellen überlassen, sie zu lösen.

* Die Gesellschaft *

Das ist vielleicht der schlimmste Kollateralschaden der Metapher vom „war on drugs“: dass er, schon aus semantischen Gründen, nur mit der Verhaftung aller Drogenbarone, der Vernichtung sämtlicher Drogenvorräte sowie dem Abfackeln aller Hanf-, Coca- und Opiumplantagen siegreich enden kann. Alles andere sähe, in den narrativen Formen Amerikas erzählt, wie eine Kapitulation aus. Und auch hier, in Deutschland und Europa, verbindet sich mit der Vorstellung, dass die Drogen entkriminalisiert würden, immer die Furcht, dass damit auch der Kampf gegen die Abhängigkeit und deren Nebenfolgen enden könnte.
Es wäre aber erst der Anfang. Wer glaubt, dass die Entkriminalisierung unsere Kinder der Drogensucht ausliefern würde, der müsste auch ein Totalverbot von Alkohol und Nikotin fordern, jener beiden gefährlichen Drogen, die zwar legal sind; und die wir aber trotzdem nicht in unseren Kinderzimmern dulden können. Es gibt viele Methoden, die Drogen und die Sucht zu bekämpfen - und dass die Prohibition nicht dazugehört, das hat das gesamte 20. Jahrhundert gelehrt - nicht nur der Großversuch, den sich die Vereinigten Staaten von 1919 bis 1933 mit dem Alkohol leisteten.
Die schreckliche Droge Crack, nur zum Beispiel, die innerhalb kürzester Zeit den Charakter zerrüttet und das Leben des Süchtigen zerstört, diese Droge breitet sich fast ausschließlich an den Schmutzrändern der reichen Städte aus - dort, wo der Wohlstand sichtbar und doch unerreichbar erscheint, dort, wo es keine Arbeit und wenig Hoffnung auf ein Entkommen gibt, aber immerhin die Möglichkeit, mit kleinen Gaunereien die Dollars für die nächste Ration zu verdienen. Das beste Mittel gegen Crack scheinen Schulen, Arbeitsplätze, Aufstiegsmöglichkeiten zu sein.
Wie man die Wohlstandsdrogen bekämpft, das haben die Vereinigten Staaten ja erfolgreich vorgeführt. Die Zeit, da man vor dem Mittagessen zwei Martinis trank, ging zu Ende, als man den Suff am frühen Nachmittag gesellschaftlich zu ächten begann. Und genauso könnte es gehen mit Cannabis, Kokain und dem ganzen synthetischen Dreck. Es ist höchste Zeit, etwas zu tun: gegen die Drogen und gegen die Verbrecher, die damit Milliarden verdienen. Entkriminalisierung wäre nur der erste Schritt.
Quelle: F.A.S.