Freitag, 4. Januar 2013

BAZ: Bank bekennt sich der Verschwörung gegen IRS für schuldig

Wegelin schwärzt die ganze Bankenbranche an

Von Anita Merkt. Aktualisiert um 13:13 77 Kommentare
Die aktive Beihilfe zur Steuerhinterziehung sei «in der Schweizer Bankenindustrie üblich gewesen», erklärte Wegelin-Teilhaber Otto Bruderer. Das kommt schlecht an.

Die Bank Wegelin akzeptiert in den USA eine Strafe von 74 Millionen US-Dollar und verabschiedet sich aus dem Bankgeschäft. Hauptsitz der Bank Wegelin und Co im Januar 2012 in St. Gallen.
Bild: Keystone

Im Rahmen des Vergleichs mit den US-Justizbehörden hat Wegelin-Teilhaber Otto Bruderer dem Schweizer Bankenplatz ein dickes Ei gelegt: Die aktive Beihilfe zur Steuerhinterziehung amerikanischer Bürger sei «in der Schweizer Bankenindustrie üblich gewesen», erklärte Bruderer gegenüber den US-Behörden. Nicht zuletzt deswegen sei man bei Wegelin & Co. Privatbankiers davon ausgegangen, dass man in den USA nicht belangt werden könne.("Anm. Das ist äußerst dreist!)
Ein umfassendes Schuldeingeständnis war die Voraussetzung dafür, dass Wegelin eine Verurteilung durch die US-Justiz jetzt mit einem Vergleich verhindern konnte. Stellvertretend für die Bank Wegelin bekannte sich Bruderer der Verschwörung gegen die US-Steuerbehörde IRS für schuldig. Die zuständigen Kundenberater hätten mit Wissen und im Auftrag der Bank gehandelt, erklärte Bruderer. Dass dieses Verhalten falsch war, habe man gewusst.
«Wendepunkt für die US-Justiz»
Für Preet Bharara, US-Bundesstaatsanwalt für den Southern District of New York, markiert das umfassende Schuldeingeständnis der Bank Wegelin einen Wendepunkt in der Verfolgung von Steuerhinterziehern und ihren Helfern. Tatsächlich hatten die Schweizer Banken bisher ein Mitwissen und eine Verantwortung des Managements für das Vorgehen ihrer Kundenberater stets abgelehnt. So betont auch die Zürcher Kantonalbank, dass die Anklage der US-Justiz gegen drei ZKB-Mitarbeiter sich nicht gegen die Bank als solche richte.
Kurz vor Weihnachten wurden in New York zwei aktive und ein ehemaliger Mitarbeiter der Zürcher Kantonalbank (ZKB) angeklagt. Sie sollen US-Kunden geholfen haben, mehr als 420 Millionen Dollar vor den Steuerbehörden zu verstecken. «Der US-Markt war nie ein strategischer Zielmarkt der Zürcher Kantonalbank», erklärt dazu ZKB-Sprecher Igor Moser. Eine systematische Betreuung von US-Kunden habe nie stattgefunden.
«Schlimme Sache für die Schweiz»
Die Aussage Bruderers, Schweizer Banken hätten generell Konten für US-Bürger eröffnet und dafür gesorgt, dass diese den US-Steuerbehörden verborgen blieben, ist für den Schweizer Bankenrechtler Peter V. Kunz denn auch «eine schlimme Sache für die Schweiz». Wegelin biete sich den USA quasi als Kronzeugin gegen die eigene Branche an. «Genau darauf warten die amerikanischen Behörden natürlich», sagte Bankenexperte Kunz in der Sendung «10vor10». «Sie können nun geltend machen, dass die Bank Wegelin nur eine von vielen Banken ist – und das ist sicher ein Problem für die übrigen Banken.»
US-Bundesstaatsanwalt Preet Bharara gelobt denn auch, alle Steuerhinterzieher und die Banken, die ihnen dabei helfen, zur Rechenschaft zu ziehen, «wo auch immer in der Welt sie sich aufhalten». Die Anstrengungen der US-Justiz würden fortgesetzt, bis die illegale Steuerhinterziehung «komplett beseitigt ist».
Gnädige Busse
Möglicherweise hat auch der relativ gnädige Geldbetrag, den Wegelin in den USA bezahlen muss, mit den belastenden Aussagen Bruderers zu tun. Insgesamt zahlt Wegelin 74 Millionen Dollar, davon 22 Millionen Dollar Busse, 20 Millionen für die entgangenen Steuereinnahmen und rund 16 Millionen, die die Bank mit der Verwaltung der Vermögen verdient habe. Auch der im April 2012 erfolgten Beschlagnahmung von 16 Millionen Dollar stimmte Wegelin zu.
Globallösung für alle
Bei der Bankiervereinigung (SBV) will man sich zur Aussage Bruderers im Hinblick auf andere Schweizer Banken und zum Fall Wegelin nicht äussern. Die Bankiervereinigung setzt sich weiterhin für eine Globallösung ein. Damit will man gemäss SBV-Sprecherin Sindy Schmiegel «verhindern, dass es immer wieder neue Anklagen gegen Schweizer Finanzinstitute gibt».
Über rund einem Dutzend Instituten schwebt noch immer das Damoklesschwert einer Anklage in den USA. Der Fall Wegelin zeigt, dass eine solche Anklage ein Institut in seiner Existenz gefährden kann. Das St. Galler Institut hatte kurz vor der Anklage der US-Behörden das gesamte Nicht-US-Geschäft verkauft. Die Kosten des Vergleichs werden aus eigens für Rechtsrisiken bereitgestellten Mitteln beglichen. Nach dem offiziellen Abschluss des US-Verfahrens im März wird Wegelin gemäss dem Finanzportal Finews das Bankgeschäft ganz einstellen. (baz.ch/Newsnet)