Donnerstag, 4. September 2014

JZ: CDU und SPD wollen Verkehrkontrolle mit gezogener Waffe



Während es vor einigen Jahren noch die große Ausnahme war, dass ein Polizist seine Waffe zückte wird dies vermehrt zum Alltag.

Nur in absoluten Extrem-Situationen, bei höchster Gefährdung der Kollegen oder anderen Zivilisten, wurde die tödliche Waffe gezogen und selbst dann meist lediglich um einen Schuss in Extremitäten wie Bein oder Arm abzugeben.
In London gingen Streifenpolizisten, sogenannte Bobbys, bis 2009 sogar gänzlich ohne Schusswaffe auf Streife.


Die Praxis zeigte, dass dies nicht nur möglich ist, sondern die Aggressivität und Gewalt allgemein geringer hielt, sowohl auf Seiten der Polizei als auch der Bürger.
In Deutschland war die Waffe zwar griffbereit, jedoch diente sie mehr als Schmuckstück, den als Werkzeug.
Wirklich zum Einsatz gekommen ist sie eigentlich nie.
Dies hat sich in den vergangenen Jahren geändert und soll sich weiter verschärfen.
2004 wurde bereits extra ein neuer Ausdruck für die gezückte Waffe kreiert.
"Entschiedene Sicherungshaltung" nennt sich die neue Wortkreation.
Gemeint ist damit die gezückte, schussbereite, nur noch nach unten gerichtete Waffe.

Bereits jetzt wird an der Berliner Polizeischule gelehrt, selbst bei einfachsten „allgemeinen Verkehrskontrollen“ mit eben dieser "entschiedener Sicherungshaltung" vorzugehen.

Die Polizei hält diese Maßnahmen für notwendig und verweist auf das Risiko und den Schutz der Beamten.
Fraglich ist jedoch, wo dabei der Schutz der Bürger bleibt.
Kritiker führen an, dass Polizisten mit diesem Risiko leben müssten, der Bürger jedoch nicht.
Schließlich habe man sich bewusst für einen Job mit deutlich erhöhtem Risiko entschieden.

Weiter sei das Risiko deutlich kleiner als man zunächst denken möchte.
Bei 240 000 Polizeibeamten in Deutschland gibt es lediglich 3,4 Todesfälle durch Gewalteinwirkung im jährlichen Durchschnitt.
Horst Meier mahnt an: „im Vergleich 2013 gab es in Deutschland alleine 90 neue Lotto Millionäre.“
Wir sprechen also von einem Faktor 30, ich kann hier keinerlei ernstzunehmende Gefährdung erkennen.
Interessant ist auch, dass die Polizei im jährlichen Durchschnitt etwa 3 mal mehr Bürger erschießt, als Bürger Polizisten.
Die Zahl der erschossenen Bürger liegt im Mittel bei über 10 Toten pro Jahr.

Es ist äußerst fraglich, ob es im Anbetracht dieser Datenlage gerechtfertigt ist, den Waffengebrauch derart auszubauen und den Bürger sogar bei einfachsten Fahrzeugkontrollen der Bedrohung durch eine Waffe und der damit verbundenen Gefahr für Ihn auszusetzen.

Für Meier zeigen die Zahlen gerade gegenteiliges.
Solange wir deutlich mehr getötete Bürger als Polizisten jährlich haben, besteht hier eher Deeskalationsbedarf in die andere Richtung und ein künftig noch vorsichtigerer Umgang mit der Dienstwaffe, anstatt diesen sogar noch auszubauen.

Schließlich müsse man von einem Polizisten, welcher bewusst einen risikoreichen Beruf gewählt habe, deutlich mehr verlangen können als von einem Bürger.
Erstaunlich ist auch, dass entgegen weitläufiger Meinung, laut Zahlen des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFM), die Situationen in denen es zum Gebrauch einer Schusswaffe kommt, nicht im Rotlicht- und „Szene-Bereich“ anfallen, sondern nahezu ausschließlich im bürgerlichen Umfeld.
So fanden Angriffe auf Polizisten mit gravierenden Folgen zu knapp 50% in gut bürgerlichen Wohngebieten statt und nur zu etwa 1% im Rotlichtbezirk.


Auch wird viel öfter von der Waffe Gebrauch gemacht.
So berichtete die ZEIT online, dass im Jahr 1996 lediglich 2.595 Mal die Dienstwaffe abgefeuert wurde, während im Jahr 2012 schon über 10 000 Mal abgedrückt wurde.
Auch der Schuss ins Bein scheint immer mehr der Vergangenheit anzugehören. So gab es beispielsweise 2012 ganze 36 Schüsse seitens der Polizei auf Personen, knapp jeder vierte davon war tödlich.
Im Vergleich dazu wurde 1991 - 271 mal auf Personen geschossen, während hiervon lediglich 9 tödlich waren.

So zitiert die ZEIT online einen Polizeiausbilder: "Wer Probleme mit einem Schuss auf den Oberkörper hat, hat den falschen Beruf"
Mit Kollegen, die vor zehn, 15 Jahren ausgebildet wurden, habe er öfter Schwierigkeiten, weil die ihre Waffe meist lieber stecken ließen.

Ebenfalls interessant ist in diesem Zusammenhang außerdem die statistische Entwicklung von Gewalttaten und Morden in Deutschland.

Während allgemein oft vermutet wird, dass diese Straftaten immer weiter zunehmen, sprechen die Statistiken eine gänzlich andere Sprache.
So sank die Zahl der Morde jedes Jahr dramatisch ab und hat sich seit dem Jahr 2000 sogar nahezu halbiert.
Während im Jahr 2000 noch etwa 500 Morde verübt wurden, waren es im Jahr 2001 nur mehr 464.
Im Jahr 2012 und 2013 waren lediglich 282 beziehungsweise 281 Morde zu vermelden.
Ebenso gingen die allgemeinen Gewaltverbrechen von 2007= 217.000 bis zum Jahr 2013 = 184.000 deutlich zurück.

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Was passiert, wenn ein Polizist von der Waffe Gebrauch macht?
Fakten:


- Mehr als jedes vierte Verfahren wird bereits bei Vorermittlung eingestellt
- Lediglich in 9% der Fälle kommt es überhaupt zu einem Verfahren
- Nur bei ca. 1% der dem KFM bekannten Fälle kam es tatsächlich zu einer Verurteilung

Fakten:

Wie viel Polizisten sterben jährlich im Dienst in Folge von Angriffen

Durch Angreifer getötete Polizisten im Durchschnitt 1973-1999
3,4 Beamten jährlich getötet
Summe = 94 in 27 Jahren

Durch Polizei erschossene Personen 1980-2013
10 Bürger jährlich getötet
Summe = 333 in 33 Jahren

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Quellen:
Die Zahlen, Daten und Fakten dieses Artikels beruhen hauptsächlich auf Angaben des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen.


http://www.kfn.de/versions/kfn/assets/gewaltgegenpolizei2a.pdf

http://de.statista.com/statistik/daten/studie/2229/umfrage/mordopfer-in-deutschland-entwicklung-seit-1987/

http://de.statista.com/statistik/daten/studie/153880/umfrage/faelle-von-gewaltkriminalitaet/

http://de.wikipedia.org/wiki/Waffengebrauch_der_Polizei_in_Deutschland#Statistik

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-08/polizei-schiessen-offensive-waffenhaltung