Samstag, 11. Dezember 2010

HB: Deutsche Bank eröffnet Kasino in Las Vegas

10.12.2010

Kasino: Deutsche Bank verzockt sich in Las Vegas

Die Blütezeit der US-Spielermetropole ist lange vorbei. Auch die Zockerhauptstadt litt unter der Finanzkrise. Ausgerechnet jetzt eröffnet die Deutsche Bank dort ein Kasino. Analysten sind skeptisch, ob die Rechnung aufgeht.


LAS VEGAS. Zwei Millionen Glaskristalle hängen kunstvoll geschwungen von der hohen Decke und formen den größten Kronleuchter von Las Vegas. Darin verborgen ist eine drei Stockwerke hohe Bar, die einen guten Blick eröffnet auf die rund 1500 Slot-Maschinen und 80 Tische für Roulette, Poker und Black Jack. Von allen Seiten glitzern Lichter, die sich in den silberüberzogenen Säulen reflektieren. Willkommen im „Cosmopolitan“, dem Kasino der Deutschen Bank in Las Vegas.

Am 15. Dezember öffnet das Haus seine gläsernen Türen für die Besucher – zwei Jahre später und zwei Milliarden Dollar teurer als ursprünglich geplant. Eigentlich wollte die Deutsche Bank nur einen Kredit für das Projekt bereitstellen. Dann kam alles anders, und Deutschlands größtes Kreditinstitut wurde zum alleinigen Eigentümer und Betreiber. Die Luxus-Spielhalle mit angeschlossenem Hotel, Wellness-Einrichtungen, Nachtclub und Konferenzzentrum könnte für die Deutschen zum Fiasko werden. Insgesamt 3,9 Milliarden Dollar hat das Frankfurter Finanzhaus in das Projekt investiert. „Das war wahrscheinlich ein bisschen verrückt“, sagt Morningstar-Analystin Erin Davis.

Der Zeitpunkt für die Eröffnung ist denkbar schlecht. Denn auch Amerikas Zocker-Metropole wurde von der Finanzkrise heimgesucht und erholt sich nur langsam von dem schweren Schlag. Branchenkenner fürchten, dass es mindestens zehn Jahre dauern wird, bis die Bank ihr investiertes Geld wieder verdient hat. Die Konkurrenz vor Ort ist nicht gerade erfreut, und an der Wall Street machen Börsianer schon Witze über das Engagement der Deutschen Bank.

Vor der in elegantem Rot gestalteten Rezeption haben sich Menschentrauben gebildet. Männer und Frauen im Alter von etwa 20 bis 40 Jahren sind im Small Talk vertieft. Einige Herren sind in Jeans und Sneakers gekommen, manche Damen im kurzen Rock und mit hohen Absätzen. Sie haben Clipboards unter dem Arm und warten auf Anweisungen. Es sind die neuen Mitarbeiter des Cosmopolitan, die erst einmal lernen müssen, sich in dem Komplex zurechtzufinden. Ein paar Meter weiter schieben Männer in neonfarbenen Westen und weißen Helmen eine Kreissäge durch das Kasino. Von oben hört man es hämmern. Die letzten Vorbereitungen für die Eröffnung laufen. In wenigen Tagen ist es so weit.

Die Stadt leidet unter massiven Überkapazitäten

Sieben Stockwerke weiter oben sitzt John Unwin in einem lichtdurchfluteten Büro. Der große, stämmige Mann mit dem breiten Lächeln und dem mit Diamanten besetzten Goldring ist der Chef des Cosmopolitan und der oberste Stimmungsmacher. „Es gibt eine große Chance in Las Vegas für etwas, das anders ist“, sagt der erfahrene Kasino-Manager, den die Deutsche Bank zwei Häuser weiter vom „Cesars Palace“ abgeworben hat. „Das Cosmopolitan ist energischer, lebhafter und viel stärker designgetrieben“, schwärmt er und lässt seinen Blick aus dem großen Fenster zu den anderen, alt eingesessenen Hotels wie dem „Bellagio“ oder dem „Venetian“ schweifen. Die anderen Häuser in der Luxusklasse seien klassischer, konservativer. Im Fernsehen wirbt das Cosmopolitan mit dem Slogan „Just the right amount of wrong“ – genau die richtige Dosis Fehlverhalten.

Seit Monaten wirbt Unwin für das Milliardenprojekt, das die Deutsche Bank eher unfreiwillig übernommen und fertiggestellt hat. Mit zunächst 2000 Räumen eröffnet das Cosmopolitan im Dezember. Nächstes Jahr im Sommer kommen fast 1000 weitere dazu. Der Kasino-Chef weiß, dass es nicht einfach werden wird, mit seiner wohlklingenden Vision vom neuen Luxus auch Geld zu verdienen.(Anm.:"Warum, wird er etwa nur aus Provisionen bezahlt?") Der tiefe Absturz der Spielermetropole in den vergangenen zwei Jahren scheint nun zwar gestoppt, doch eine echte Erholung zeichnet sich noch nicht ab. Seit dem Boom von 2007 leidet die Stadt unter massiven Überkapazitäten. Hinzu kommt, dass das Cosmopolitan ohne eine Datenbank von lukrativen Stammspielern startet.

„In diesem Umfeld werden Besucher nicht bereit sein, höhere Preise für ein Zimmer im Cosmopolitan zu zahlen, nur weil es neu und hochwertig ist“, sagt Marco Benvenuti von der Unternehmensberatung Duetto Consulting, die auf die Vergnügungsindustrie spezialisiert ist. Er geht davon aus, dass es zehn Jahre dauern kann, bis die Deutsche Bank ihr investiertes Geld wiedersehen wird. Einige Analysten rechnen gar mit 15 Jahren.

Die Konkurrenten in Las Vegas sind nicht gut auf das Cosmopolitan zu sprechen. Sie fürchten, dass die 3000 zusätzlichen Hotelzimmer die Preise weiter drücken werden. „Ich sehe nicht, wie die Rechnung für das Cosmopolitan aufgehen soll“, sagt Sheldon Adelson, der Chef von Las Vegas Sands, im „Wall Street Journal“. Sein Unternehmen betreibt unter anderem die Kasino-Hotels „Venetian“ und „Palazzo“.

Das Engagement der Deutschen ist auch in New York ein Thema

Auch an der Wall Street ist das Investment der Frankfurter Gesprächsthema: „Jetzt hat die Deutsche Bank endlich ein richtiges Kasino – und nicht mehr nur eines in ihrer Bilanz“, meint ein Finanzmanager süffisant, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will. Für Morningstar-Analystin Davis ist das Wagnis der Frankfurter in Las Vegas neben der Krise in Europa und den schärferen Kapitalvorschriften „ein weiteres Fragezeichen, das die Bank umgibt. Wir mögen es nicht, wenn sich ein Unternehmen so weit von seinen Kernkompetenzen entfernt.“ Ein Investment von knapp vier Milliarden Dollar sei groß genug, um im Falle eines Misserfolgs den Aktienkurs belasten zu können. Knapp eine Milliarde hat die Bank bereits abgeschrieben..

Dabei hatte das Projekt für die Deutsche Bank zunächst ganz beschaulich angefangen: Im Frühjahr 2004 gewährte sie dem US-Immobilienmogul Bruce Eichner einen Kredit über 60 Millionen Dollar, um das Grundstück zu kaufen, auf dem das Cosmopolitan heute steht. In den Boomjahren wurde der Kredit ausgeweitet auf 768 Millionen Dollar. Anfang 2008 konnte Eichner jedoch seine Schulden nicht mehr bedienen. Die Suche nach anderen potenziellen Investoren blieb erfolglos. Das Projekt gleich ganz abzuschreiben war mitten in der Krise keine Option. Also entschied sich die Deutsche Bank, das Kasino auf eigene Faust fertigzustellen.(Anm.:"Und damit weitere 3100 Millionen in das auf den ersten Blick sinnlose Projekt zu investieren")

Über die weiteren Pläne mit dem Cosmopolitan schweigt das Institut. Auf Anfrage wollte die Bank sich weder zur internen Bewertung noch zu längerfristigen Perspektiven äußern. Stattdessen verbreitet sie – typisch amerikanisch("Heisst der Laden nicht DEUTSCHE Bank?") – Zuversicht. „Als Finanzinvestor des Cosmopolitan sind wir überzeugt, dass das Management-Team ein herausragendes Geschäft aufbauen und für unsere Aktionäre das Bestmögliche herausholen wird“, teilte ein Sprecher mit.

Abgerechnet wird später: Ergebnisse veröffentlicht das Cosmopolitan ab dem ersten Quartal 2011.


Kommentare

  • 11.12. 09:43Spam melden
    [10] heinrich

    Schon der erste Satz in diesem Artikel ist definitiv falsch. Das Gegenteil wäre richtig.

    Das Cosmopolitan ist Teil des in diesem Jahr neu eröffneten City-Centers am South Las Vegas Bvld, zu dem auch das Mandarin Oriental, Aria und Vdara gehören. Baukosten insgesamt über 13 Mrd. Dollar.

[6] karlosdallos
Ein scheinbares Amusement, dass das Handelsblatt hier offeriert.

Vollständig wird diese Angelegenheit erst durch die Beleuchtung der

Abschreibung von Auslandsgeschäften - hier in Deutschland.

Ob es dann noch so amüsant ist?

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