Dienstag, 22. Februar 2011

BAZ: Obama als Heuchler enttarnt. USA wollten Internet Sperre in Aegypten nicht aufheben

Wie die USA das Internet kontrollieren

Von Reto Knobel. Aktualisiert am 09.02.2011

In Ägypten hätten die USA die Internetsperre locker aufheben können – wenn sie denn nur gewollt hätten.

John Arquilla ist der Mann, der (in Zusammenarbeit mit dem Wissenschafter David Ronfeldt) den Begriff «Cyberwar» erfunden hat. In einer Studie aus dem Jahr 1993 berichteten die beiden US-Amerikaner über das Potenzial von kriegerischen Auseinandersetzungen im Internet. Kriege, so seine Überzeugung, werden sich künftig primär um die Dominanz über Informationen und Kommunikationswerkzeuge drehen.

Experte Arquilla arbeitete unter anderem für die Denkfabrik und Pentagon-Beratungsfirma Rand Corporation und ist seit 18 Jahren Professor am Information Operations Center an der Naval Postraduate School im kalifornischen Monterey, einer von der United States Navy geführten Hochschule. Ein Mann, auf den Politik und die amerikanischen Medien hören – so auch dieser Tage.

Obamas leere Worte

Der Hintergrund: Ende Januar wurde in Ägypten für ein paar Tage das Internet abgestellt, um die Mobilisierungsfähigkeit der aufmüpfigen Bevölkerung einzuschränken. Bis zu 95 Prozent der Einheimischen waren plötzlich offline. Der Protest des Westens liess nicht lange auf sich warten. US-Präsident Obama etwa kritisierte die Machthaber und forderte die sofortige Wiederherstellung freier Informationen.

Das Regime zeigte sich bekanntlich wenig beeindruckt. Weniger bekannt ist: Laut John Arquilla wäre es nicht schwierig gewesen, die Deaktivierung sowohl der Mobilfunk-Dienste als auch des Offline-Status im Nilland rückgängig zu machen. In einem «Wired»-Artikel mit dem Titel «Die USA haben technische Mittel, um das Internet in Diktaturen wieder zum Laufen zu bringen» schreibt der Professor im Dienste des Pentagons: «Was das Militär abdrehen kann, kann es auch wieder aufdrehen.»

Die fliegenden Funkzellen

Ohne auf die technischen Details einzugehen, präzisiert Arquilla, dass es sowohl «über satelliten- als auch nichtsatellitengestützte Anlagen» für seine Regierung möglich sei, «die Zugangspunkte zur Verfügung zu stellen, damit die Leute wieder online sein können». Er habe Kenntnis von geheim gehaltenen Flugzeugen, die nur durch Überfliegen eines Gebietes WLAN-Verbindung herstellen können. Selbst Drohnen könnten als fliegende Funkzellen umgerüstet werden, um kleinere Gebiete fliegend in ein UMTS-Netz umzuwandeln.

«Act of war»

Weiter wäre es den USA ohne Weiteres möglich gewesen, das Land über das Satellitennetzwerk des US-Militärs wieder ins weltweite Kommunikationsnetz einzubinden.

Aquilla weiss allerdings, dass eine solche Aktions seitens der Vereinigten Staaten von der ägyptischen Regierung als schwere Einmischung (wörtlich: «Act of war») interpretiert worden wäre. «Die amerikanischen Streitkräfte», schliesst John Aquilla, «haben grosse Erfahrung im Wiederaufbau von Kommunikationsstrukturen». Aber es sei sehr schwierig zu handeln, wenn sich die Regierung dagegen sträube – ein Land internetfähig zu machen sei «weniger ein technisches als ein politisches Problem». (baz.ch/Newsnetz)

Erstellt: 09.02.2011, 13:52 Uhr

Keine Kommentare: