Dienstag, 27. September 2011

Cosmopolitan: Wie sieht moderner Feminismus aus?

Moderner Feminismus

Jetzt legen wir erst richtig los

Eva und der Sündenfall waren gestern. Heute sind wir stark, smart, sexy - und emanzipiert. Logisch. ("Logisch!, sonst wäre ich ja schwach doof und Hausfrau")Doch wie sieht moderner Feminismus eigentlich aus? Ein persönliches Bekenntnis von Milena Moser.

Ich bin Feministin. Ehrensache, wie die Videokünstlerin Pipilotti Rist so schön sagt. Und zwar immer schon. ("Immer!!, schon als Säugling, man muss nicht denken können um Feministin zu sein!")Das heißt, dass ich kompromisslos für Gleichberechtigung bin.(Feminismus strebt aber keine Gleichbereitigung an sondern beschränkt sich ausschließlich auf Interessen von Frauen";-) Lohngleichheit und so weiter. Das heißt, mein Bauch gehört mir.("Wenn ich schon keine Argumente habe dann komme ich halt mit Schlagwörter und Parolen!") Das heißt aber nicht, dass ich nicht mit Barbiepuppen spiele.

Ja, das meine ich ernst. Ich spiele mit Barbiepuppen. Jetzt. Als Erwachsene.("Im Ernst? Wie soll ich eine erwachsene Frau ernstnehmen die mit Barbiepuppen spielt?") Weil ich als Kind nicht durfte.("Rechtfertigung2") Meine Mutter war nämlich eine Feministin alter Schule, ("Ich trete als Feministin also in ihre Fussstapfen, aber das würde ich NIE zugeben!, ich sage ich bin  natürlich GAAAnz anders, modern eben, ich kleide mich nämlich zusätzlich noch nuttig und Hausarbeit verweiger ich nicht bloss, ich KANN es garnicht!  Ha glauben sie mir nicht? Dann lesen Sie weiter!") für die das Langbeinpüppchen den Inbegriff von Frauenfeindlichkeit verkörperte. Gnadenlos verweigerte sie mir das heiß ersehnte Spielzeug: "Nicht mit meiner Tochter!" Sie sah die Plastikblondine als höchst degradierende Interpreta-tion von Weiblichkeit und fürchtete sogar, ich würde, dieser ausgesetzt, bald selber Barbieformat anstreben. Dabei wusste ich schon als kleines Mädchen, dass Frauen nicht so aussehen, und auch gar nicht so aussehen sollen - sonst könnten sie ja nur eine Absatzhöhe tragen. ("Mit diesem dümmlichen Witz und meiner ehrlichen Offenlegung meiner Komplexe hab ich doch jetzt das Vertrauen der Leserin gewonnen. Und verschweige,dass Studien eben doch sagen, dass Barbie kleinen Mädchen suggeriert, dass Frauen so aussehen sollen.")


Diese frühkindliche Entbehrung konnte nur eines zur Folge haben: exzessive Kompensation.("Rechtfertigung2") Bei erster Gelegenheit kaufte ich mir selbst eine Barbie. Und noch eine, und noch eine. Momentan habe ich drei, die auf meinem Schreibtisch sitzen, und die ich ab und zu, wenn mir nichts einfällt, anders anziehe. Oder frisiere. Genau.

Die Barbies halten mich aber nicht vom Denken ab. ("Rechtfertigung2")Das liebevolle - ich behaupte sogar, meditative - Fädeln von winzigen Glitzerspangen auf goldene Nylonhaare suggeriert mir doch nicht, das könnte ein Lebensinhalt sein, wenn ich es auf meinem eigenen Kopf veranstaltete. Ich bin doch nicht blöd. War ich übrigens schon als Kind nicht. ("Rechtfertigung2")



Solche scheinbaren Widersprüche, die für mich gar keine sind, lebe ich viele. So würde ich im Leben nie auf die Idee kommen, mich über den Mann an meiner Seite zu identifizieren.
Ich kann selber cool oder stark, erfolgreich, oder warum nicht, einfach nur reich sein. 
Wenn ich das will.  ("Wer will das denn nicht? Und wie macht Milena das dann, wenn sie WILL?")Oder auch das Gegenteil. Und ebensowenig wie mich selber, würde ich andere Frauen an ihren Beziehungen messen. Frauen, die ich im wahren Leben kennenlerne, meine ich. Denn es interessiert mich natürlich trotzdem brennend, ob nun Cameron Diaz tatsächlich bald de Rothschild heißen wird, oder woher Kate Moss' fatale Schwäche für Bad Boys kommt. Ich konnte auch jahrelang die Liebhaber von Prinzessin Stephanie in chronologischer Reihenfolge herunterbeten, wenngleich ich beim dritten Zirkusartisten die Übersicht verloren habe. Fragen Sie mich allerdings nicht, in welcher Reihenfolge die Schweizer Kantone der Eidgenossenschaft beigetreten sind!

Und wenn wir schon mal beim Thema sind: Begehrt zu werden, hat noch nie eine Frau aufgewertet. Aber es fühlt sich trotzdem verdammt gut an! Nichts dagegen zu sagen, wenn dem Ausdruck verliehen wird. Durchaus auch auf ungeschickte Art. Damit meine ich: Pfiffe aus sicherer Entfernung. Warum nicht? Ich kann schließlich auch nicht mit gutem Gewissen behaupten, dass gewisse Herren, die ich auf Plakatwänden oder auf der Straße, oder manchmal, wenn ich Glück habe, sogar aus nächster Nähe an einem Sitzungstisch sehe, in mir nichts als völlig kultivierte Assoziationen auslösen.



Darf ich als Feministin Männern hinterherpfeifen
? Der Impuls ist mir nicht fremd. Doch selbst wenn ich dürfte, könnte ich nicht. Tut mir leid, dazu fehlt mir das genetische Potenzial. Ich kann nicht durch die Finger pfeifen und ich kann keinen Ball auffangen. Ein weiteres, in Buch und Film verbreitetes Klischee besagt, Frauen könnten nicht rückwärts einparken. So ein Blödsinn! Frauen können das bestens. Die meisten wenigstens. Ich gehöre allerdings leider nicht zu ihnen - ich habe meinen Führerschein in Kalifornien gemacht, da genügt es, wenn man in der ungefähren Nähe des Straßenrandes anhält. Man muss nicht einmal den Motor ausschalten. Damit käme ich auf den sehr viel engeren Straßen meiner Schweizer Heimat natürlich nicht durch. Doch ich habe einen ganz einfachen Trick: Wenn ich abends keine Parklücke finde, die groß genug ist, dass ich vorwärts reinkurven kann, oder wenn ich morgens nicht mehr herauskomme, klingele ich einfach bei meinem Nachbarn. "Harry, könntest du nicht mal eben...?" "Na klar."

Er heißt natürlich nicht Harry, mein Nachbar. Doch den Wagen holt er mir gern. Auch wenn ich nicht mit den Wimpern klimpere. Habe ich das nötig? Aber nicht doch. Diesen Kunstgriff bewahre ich mir für meinen Mann auf, wenn er mir mal wieder - durchschnittlich etwa viermal pro Tag - zeigen muss, wohin meine virtuelle Post verschwunden ist, und wie ich sie jetzt doch noch wiederfinden kann.

Er grunzt, er stöhnt, er verdreht die Augen, er knurrt so was wie "Wie oft muss ich noch..." und "erkennt einen Papierkorb nicht, wenn er vor ihr steht..." Aber er käme nie auf die Idee, irgendetwas über Frauen und Technik vor sich hin zu murmeln. Das weiß er besser. Ich bin kein wandelndes Klischee. Ich kann zum Beispiel weder kochen noch bügeln. Dafür hab ich andere Talente. Und viele Widersprüche. Wie jeder andere Mensch auch, Mann oder Frau. Und das ist gut so. Das darf sein.

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