Mittwoch, 12. Oktober 2011

FAZ: Regierung und Bankern manipulieren die Kurse. Plunge Protection Team

Amerikanische Finanzmärkte Manipuliert das Plunge Protection Team die Kurse?

Verschwörungstheoretikern zufolge soll ein Team aus amerikanischen Regierungsvertretern und Bankern oft kursstützend eingreifen. „Aber warum erleben wir dann eine Baisse?“, fragt Bloomberg-Kolumnistin Caroline Baum.
Von Caroline Baum, Kolumnistin für Bloomberg News
28.03.2003
Vielleicht haben Sie schon vom Plunge Protection Team (PPT) gehört. Falls nicht, lassen Sie mich Ihnen diese illustere Gruppe vorstellen.
Sie kennen doch all diese Kurseinbrüche im Standard & Poor's 500, die einem Bauchschmerzen bereiten, sich auf mysteriöse Weise stabilisieren und sich dann in eine enorme Kurserholung umkehren? Falls Sie ein Anhänger der Verschwörungstheorie sind, dann lässt sich das PPT als eine auserwählte Gruppe von Regierungsvertretern und Bankern beschreiben, die von Zeit zu Zeit eingreifen, um den Aktienmarkt zu stützen. Nach Angaben einiger Händler, Experten und einer cleveren Gruppe von Anhängern der Verschwörungstheorie, ist die Federal Reserve - die gleiche Zentralbank, die am Tage offiziell Staatspapiere kauft und verkauft - im Geheimen auf dem Aktienmarkt tätig.
Wie die Fed gegen das Gesetz verstößt
Dabei ist es unerheblich, dass Aktien aller Art nicht zu der Palette an Titeln gehören, die die Federal Reserve kaufen darf. Gemäß Federal Reserve Act von 1913, der über die Jahre immer wieder geändert wurde, darf die Fed US-Treasuries und staatliche Schuldtitel, ausländische Staatsanleihen, Bankakzepte, Wechsel, bestimmte Gemeindeschuldtitel, ausländische Währungen und Gold kaufen. Versuchen Sie doch einmal, einen Anhänger der Verschwörungstheorie in eine Diskussion über dieses Thema zu verwickeln; das Gespräch wird an dieser Stelle enden.
Sprechen Sie die Reservewirkung an - wenn die Fed Aktien kauft, führt sie dem Bankensystem Reserven zu, die sich negativ auf die Federal Funds Rate für Tagesgeld auswirken würden. Es sei denn, die Fed würde die Reserven durch Offenmarktgeschäfte reduzieren - und die Anhänger der Verschwörungstheorie sagen Ihnen, dass die Mittel aus Bestechungsgeldern des US-Schatzamtes stammen, die offiziell als Exchange Stabilization Fund bekannt sind.
Die „Washington Post“ wusste Bescheid, oder doch nicht?
Diese Gruppe vergisst jedoch die technischen Ungereimtheiten. Wenn die Verschwörungstheoretiker Recht haben und die Fed S&P-Terminkontrakte kauft, dann gibt es irgendwo jemanden, der diese Transaktionen durchführt, sie abrechnet und das Konto überwacht. Das bedeutet, dass irgendwo ein Mensch existiert, der für sein Stillschweigen eine Menge Geld von der Fed erpressen oder von einem Verlag einen riesigen Vorschuss für das Schreiben eines Enthüllungsbuches verlangen könnte.
Die Autoren von Artikeln über das Plunge Protection Team, die nachweisen wollen, dass ihre Behauptungen berechtigt sind („Vertrauen Sie mir, es existiert!“), verweisen auf einen Artikel in der „Washington Post“ vom 23. Februar 1997. Kurios ist allerdings, dass dieser Artikel den Kauf von Aktien mit keinem Wort erwähnt. Brett Fromson, ein Reporter der „Post“, stellt die Bildung der Arbeitsgruppe Finanzmärkte durch den Präsidenten nach dem Börsencrash vom 19. Oktober 1987 dar. Die Gruppe, der auch der Finanzminister, der Chairman der Fed, der Chairman der Securities and Exchange Commission (SEC) und der Chairman der Commodity Futures Trading Commission angehören, wurde ins Leben gerufen, um ein reibungsloses Funktionieren der Finanzmärkte sicherzustellen.
Schutz vor einem Marktzusammenbruch wird zum Komplott
„Hauptaufgabe der Arbeitsgruppe sei Regierungsvertretern zufolge, die Aufrechterhaltung der Marktfunktionen im Falle eines plötzlichen Einbruchs der Aktienkurse, bei dem es einem den Magen umdreht - und die Vermeidung eines panikartigen Ansturms auf Banken, Broker und Investmentfonds“, heißt es in dem Artikel von 1997. Der Tenor des Artikels ist das Bemühen der Regierungsvertreter um die Abwendung einer Liquiditätskrise, was genau das ist, was die Fed getan hat, als sie das Bankensystem nach dem Absturz des Dow Jones Industrial Average um 508 Punkte am 19. Oktober 1987 mit Reserven überschüttet hat. Wie aus dem eigentlichen Bemühen um die Sicherstellung eines angemessenen Zugangs zu Krediten zur Vermeidung eines Dominoeffekts im Falle eines Marktzusammenbruchs ein Komplott zur Stützung des Aktienmarktes wurde, wissen die Götter.
Um einen Einblick in die Tiefen der Verschwörungstheorie zu erhalten, geben Sie „Plunge Protection Team“ in die Google-Suchmaschine ein. Aufmerksame Leser bemerken die Sachkunde, mit der die Autoren schreiben. „Am 24. November 2000, nur Minuten nach der gemeinsamen Intervention von Fed und Goldman Sachs, schnellte der Nasdaq in die Höhe und schloss an diesem Tag deutlich über 3.100 Punkten, was einem Tagesplus von 5,7 Prozent entspricht“, schrieb ein anonymer Internet-Experte. „Hätten die Fed und das Plunge Protection Team nicht eingegriffen, so gut informierte Marktinsider, hätte es eine richtiggehende systemische Finanzkrise gegeben, die sich bald zu einer Dollar-Krise ausgewachsen hätte“. Und außerdem bedient man sich laut den Darstellungen dieser Website der Goldman-Strategin Abby Joseph Cohen, die seit dem Börsencrash im Oktober 1987 „jedes Mal, wenn die Märkte bedroht sind, eine Erholung `prognostiziert`“.
Hinter dem Handelsvolumen bei 3M steckt ebenfalls die Regierung
Werfen wir einen Blick auf all die Leute, die über diese Sache Bescheid wissen. Will denn keiner von ihnen aus diesen Insiderinformationen Kapital schlagen und einen Spitzenbestseller schreiben? Laut einem Pressebericht hat die Fed das Geschäft mit den Aktienindizes zugunsten der Auswahl einzelner Aktien aufgegeben. In der Erkenntnis, dass der Dow Jones Industrial Average mit seinen 30 Aktien „weitaus einfacher zu manipulieren“ sei, folgerte Londons „Evening Standard“ am 19. März, dass das „riesige Handelsvolumen der letzten Tage“ bei 3M ein deutlicher Hinweis darauf sei, dass die US-Börse im Hinblick auf den Krieg im Irak von der Regierung manipuliert worden wäre.
Gibt es keine Garantie dafür, dass die angebliche Intervention des PPT Erfolg hat? Wirtschaftswissenschaftler versuchen noch immer, herauszufinden, ob Interventionen am Devisenmarkt mehr als nur transitorischen Effekt haben. Wenn diese Gruppe so geschickt ist, warum erleben die Aktienmärkte dann das vierte Jahr in Folge eine Börsenbaisse? Mit einem durchschnittlichen täglichen Handelsvolumen an der New York Stock Exchange von 1,43 Milliarden Aktien im vergangenen Jahr wären beträchtliche Käufe nötig, um eine Marktbewegung umzukehren. Vielleicht hat sich das PPT die Strategic Petroleum Reserve angeeignet, verkauft heimlich Öl zu überhöhten Preisen am Markt und verwendet die Erlöse zum Kauf von Aktien. Und wenn man es sich recht überlegt, war bisher auch keiner in der Lage auszumachen, wo jene erfundenen Mondlandungen ihren Ursprung haben.

Keine Kommentare: