Dienstag, 5. April 2011

FAZ:EU erzwingt die Zulassung privater Sportwettenanbieter

Glücksspielstaatsvertrag

Gezänk ums Glücksspiel bis zur letzten Minute

Der Entwurf des Staatsvertrags zur Zukunft des Wettmarktes alarmiert den Sport. Der Fußball könnte deutlich weniger profitieren als erhofft, andere Sportarten müssten mit Einbußen rechnen. Am Mittwoch soll eine Entscheidung fallen.

Von Michael Ashelm und Christoph Becker

Glückauf: Für den Sport stehen Einschnitte bevorGlückauf: Für den Sport stehen Einschnitte bevor

05. April 2011 2011-04-05 20:22:00

Dass die Münchner „Löwen“ ihre Zahlungsunfähigkeit abgewendet haben, könnte ein Trugschluss sein. Der von der Pleite bedrohte Zweitligaklub hatte Ende vergangener Woche eine Bürgschaft bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) hinterlegt und mögliche Investoren präsentiert. Diese Hoffnung würde jedoch jäh zerstört, falls an diesem Mittwoch in Berlin die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer bei einer Sondersitzung eine Entscheidung finden.

Dabei geht es nicht um so profane Probleme wie einen klammen Fußballverein, sondern um eine Grundsatzfrage: Das Gremium will einen Schlusspunkt setzen unter die Diskussionen um den neuen Glücksspielstaatsvertrag und verbindlich mitteilen, wie der Sportwettenmarkt in Deutschland von 2012 an liberalisiert wird. Das Ergebnis aus Berlin könnte am Ende auch Auswirkungen auf die Zukunft des TSV München 1860 haben, weil ein bisher illegaler und deshalb von Malta aus operierender Wettanbieter ganz offiziell als Investor einsteigen will.

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Anfang März hatten sich die Ministerpräsidenten der Bundesländer darauf geeinigt, dass private Veranstalter künftig in Deutschland Sportwetten anbieten dürfen sollen. Ein Durchbruch also oder gar ein Meilenstein? Von wegen. Angesichts des jahrelangen Gezänks um das Glücksspielrecht fielen die Reaktionen aller interessierten Parteien erstaunlich verhalten aus, von Wettanbietern und Sportverbänden auf der einen bis zu den staatlichen Lotto-Gesellschaften auf der anderen Seite.

Denn mehr als der grundsätzliche Wille, etwas an der bestehenden, vom Europäischen Gerichtshof im vergangenen Herbst gerügten Rechtslage zu ändern, wurde nicht formuliert. Und mehr steht auch drei Wochen später nicht fest. Noch immer ist nicht sicher, was ab 2012 erlaubt und was verboten bleiben soll. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und sein Generaldirektor Michael Vesper, der Ende Februar einen eigenen Staatsvertragsentwurf vorgelegt hatte, erhofft sich von einer Öffnung des Wettmarktes und der Einführung einer Sportwettenabgabe, die Anbieter zu zahlen hätten, hohe zweistellige Millioneneinnahmen für den gemeinnützigen Sport.

Siebenjährige Testphase

Der deutsche Profi-Fußball würde bei der Öffnung des Marktes vor allem von Werbeeinnahmen profitieren, die Bundesligavereine spekulieren auf bis zu 300 Millionen Euro. Doch vor dem Treffen am Mittwoch kursiert nun ein Staatsvertragsentwurf, der bei den Sportverbänden wenig Begeisterung auslöst, denn er macht die Teilnahme am deutschen Markt für private Wettanbieter denkbar unattraktiv. So ist in dem Entwurf, der von den Glücksspielreferenten eines am weitgehenden Erhalt des Monopols interessierten Landes ausgearbeitet wurde, eine siebenjährige Testphase für die Öffnung des Glücksspielmarktes vorgesehen.

In dieser Zeit müssten Wettanbieter neben der Sportwettenabgabe, also der Besteuerung ihres Umsatzes, eine weitere Gebühr für die Erteilung einer Konzession zahlen. Über sieben Jahre würden 1,255 Millionen Euro fällig. Zudem sieht der Entwurf ein Verbot des Sponsorings von Fernsehübertragungen durch Wettanbieter, ein Verbot der Trikot- und Bandenwerbung bei im Fernsehen oder Internet übertragenen Spielen sowie das Verbot von Live-Wetten auf laufende Spiele im Internet vor. Kaum vorstellbar, dass große Wettanbieter dann tatsächlich auf den deutschen Markt drängen würden - schließlich werden derzeit bis zu 80 Prozent der Wetten live plaziert. Und welcher Anbieter schließt millionenschwere Verträge mit Fußballvereinen wie 1860, wenn er nicht wenigstens im Stadion oder auf der Brust der Spieler für seine Wetten werben darf?

Limit von 500 Euro

Angesichts dieser Bedingungen scheint zweifelhaft, ob sich Unternehmen mit Geschäftssitzen in Österreich, Malta oder Gibraltar künftig dem deutschen Fiskus unterwerfen wollen. Auch ernsthafte Zocker werden über einen Einsatz in Deutschland nachdenken. Denn laut Vertragsvorschlag gibt es ein Limit von 500 Euro pro Wetter im Monat - eine Restriktion, die sie wohl kaum in deutsche Wettstuben locken dürfte. Die Begrenzung soll der Spielsucht vorbeugen und ist somit Grundstein der Argumentation. Denn nach wie vor soll das deutsche Glücksspielrecht nach dem Willen fast aller Ministerpräsidenten vor allem einer Abhängigkeit vom Zocken vorbeugen - dafür wollen die Länder nun auch die bislang im Bundesrecht geregelten Spielhallen und Pferdewetten übernehmen.

Ein Schreckensszenario für die Galoppbranche. Sie versucht, Änderungen im Glücksspielstaatsvertrag zu verhindern - gegen die Interessen des Sports. Das Direktorium für Vollblutzucht und Rennen suchte in der vergangenen Woche mit einer bedrohlich klingenden Meldung die Öffentlichkeit: „Galopprennsport vor dem möglichen Aus - mehr als 3000 Arbeitsplätze gefährdet“, hieß es dort. Finanziell profitiert die Branche in besonderem Maße von den Pferdewetten, sie sind im Unterschied zu anderen Sportwetten in Deutschland legal. Alles ist seit 1922 in einem eigenen Gesetz geregelt. Die Rennbahnen erhalten fast die gesamten 16,7 Prozent an Steuern aus den Pferdewetten zurück, weil die Galopprennen bisher unter staatlicher Obhut stattfinden. Einigen Politikern sind solche Geschenke ein Dorn im Auge, deshalb fürchtet der Galopprennsport um seinen Steuervorteil.

Wie sich die Länderchefs entscheiden werden, ist kaum vorauszusehen. An verschiedenen Fronten prallen die Lager aufeinander. Eine Einigung ist nicht in Sicht. Dass sich Spitzenpolitiker von CDU und FDP aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen vor der entscheidenden Verhandlungsphase von Lobbyisten haben einladen lassen, dürfte daher die Atmosphäre in Berlin weiter vergiften. Nach einem „Spiegel“-Bericht habe eine Veranstaltung mit privaten Glücksspielfirmen in einem Luxushotel auf Sylt stattgefunden. Stargast war Boris Becker, der über „Potentiale von Online-Poker“ referierte.

Text: F.A.Z.
Bildmaterial: dpa

1 Kommentar:

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