Kommandoaktion in Pakistan:CIA-Chef Panetta schildert Details des Bin-Laden-Coups
Als "nervenaufreibend" hat CIA-Chef Panetta die US-Kommandoaktion gegen den Al-Kaida-Chef bezeichnet. In einem Interview legt er erstmals Details der Todesumstände Osama bin Ladens offen.
WashingtonUS-Präsident Barack Obama hat demnach die Tötung von Osama bin Laden nicht mit angesehen. Dies versicherte CIA-Direktor Leon Panetta dem US-Fernsehsender PBS am Dienstagabend (Ortszeit). "Als die Teams in das Gebäude eingedrungen waren, gab es eine Zeitspanne von 20 bis 25 Minuten, in der wir nicht wussten, was dort passierte." Warum die Verbindung zwischen der Sondereinheit und dem Weißen Haus plötzlich abgebrochen war, sagte der Geheimdienstchef nicht.
"Das war eine wirklich nervenaufreibende Zeit, in der wir auf Nachrichten gewartet haben." Schließlich sei das Code-Wort "Geronimo" gefallen, das für den Tod des Al-Kaida-Chefs gestanden habe. Nach seinen Worten waren lediglich 25 Elitesoldaten an dem Einsatz beteiligt, die von zwei Hubschraubern auf dem Anwesen abgesetzt wurden. In Medienberichten hatte es immer wieder geheißen, dass 79 Mann an der Erstürmung beteiligt gewesen sein sollen.
Anschläge von Al-Kaida
US-Botschaften in Nairobi und Daressalam
7. August 1998: Bei fast zeitgleichen Bombenanschlägen auf die US-Botschaften in Nairobi (Kenia) und Daressalam (Tansania) sterben 230 Menschen. Mehr als 5000 Menschen wurden verletzt. Als Drahtzieher gelten bin Laden und sein Netzwerk Al-Kaida. Besonders verheerend war der Anschlag in Nairobi, bei dem 219 Menschen ums Leben kamen. Unter den Toten waren zwölf Amerikaner und rund 100 kenianische Botschaftsmitarbeiter. In Daressalam, wo eine Bombe die Fassade der Botschaft wegriss, starben elf tansanische Angestellte. 75 Menschen wurden verletzt.
Die Angriff auf die USA
11. September 2001: Die Terror-Anschläge vom 11. September haben die Welt verändert. An diesem Tag greifen 19 islamistische Terroristen Symbole amerikanischer Macht an und töten rund 3000 Menschen. Die Bilder der einstürzenden Türme des World Trade Centers in New York gingen um die Welt und lösten Entsetzen aus. Am Morgen kaperten die Terroristen vier zivile US-Boeings mit insgesamt 265 Menschen an Bord. Ein Flugzeug raste in den Nordturm des World Trade Centers und setzte ihn in Brand, kurze Zeit später krachte die zweite Maschine in den Südturm. Das dritte Flugzeug zerschellte 34 Minuten später im Westteil des Pentagon in Washington. Offenbar nach einem Kampf im Cockpit stürzte kurz darauf bei Pittsburgh (Pennsylvania) die vierte Maschine auf freiem Feld ab. Unter dem eingestürzten World Trade Center wurden mehr als 2750 Opfer begraben. Auch die Entführer starben. In Washington gab es rund 190 Tote, darunter fünf Entführer. In Pennsylvania starben alle 44 Flugzeuginsassen, darunter die vier Entführer.("Für diese tat wurde Bin Laden auf der offiziellen CIA Seite NIE verantwortlich gemacht, steht hier CIA Most Wanted Terrorists")
U-Bahn-Bombe in Moskau
31. August 2004: Eine mutmaßliche Tschetschenin sprengt sich in Moskau am Eingang der belebten U-Bahn-Station Rischskaja in die Luft. Elf Menschen sterben, darunter die Attentäterin und ihr Komplize, ein seit langem gesuchter Terrorist aus der nordkaukasischen Teilrepublik Karatschai-Tscherkessien. Rund 50 Menschen werden verletzt. Die Terrorgruppe Islambuli-Brigaden der Al-Kaida bekennt sich zu der Tat.
Selbstmordattentat in Scharm el Scheich
23. Juli 2005: Bei einer Serie von Anschlägen im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich werden 66 Menschen getötet. Ein Terrorist rast mit seinem Auto in die Eingangshalle des Ghazala Garden Hotels und sprengt sich dort in die Luft. Zu den Anschlägen bekennen sich eine mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbundene Organisation und die Gruppe „Heilige Krieger von Ägypten“.
Attacke auf jordanische Hotels
9. November 2005: Drei Selbstmordattentäter reißen in der jordanischen Hauptstadt Amman 60 Menschen mit in den Tod. Die stärkste Explosion ereignet sich im Radisson SAS Hotel während einer Hochzeitsfeier, wo sich der Terrorist unter die Gäste mischte. Auch in den Fünf-Sterne-Hotels Grand Hyatt und Days Inn detonieren Bomben. Die bis dahin im Irak operierende Terrorgruppe Al-Kaida im Zweistromland um den Jordanier Abu Mussab al-Sarkawi bekennt sich zu der Tat.
Ursprünglich sollten die Hubschrauber ein Team im Hof absetzen und ein zweites auf dem Dach des Gebäudes. "Allerdings hatte der zweite Hubschrauber Probleme, so dass beide landen mussten", erläuterte Panetta weiter. "Die Soldaten mussten dann drei, vier Mauern niederreißen. Dann sind sie zusammen in das Gebäude gestürmt."
"Es gab Schießereien, als sich die Soldaten ihren Weg in die oberen Stockwerke des Gebäudes gekämpft haben." Schließlich hätten die Soldaten Bin Laden im dritten Stock des stark gesicherten Gebäudes gefunden. Er sei nicht bewaffnet gewesen, sagte Panetta. "Allerdings hat es wohl bedrohliche Bewegungen gegeben, die unsere Jungs gefährdet haben. Darum haben sie geschossen." Die Soldaten der Navy Seals hätten dafür ausdrücklich die Befugnis gehabt.
"Hätte er (Bin Laden) die Hände hochgenommen und aufgegeben oder ein anderes Zeichen gemacht, dass er keine Gefahr darstellt, dann hätten ihn die Soldaten festgenommen." Nach aktuellem Stand soll der Staatsfeind Nummer eins der USA nichts mehr gesagt haben. "Ich glaube allerdings nicht, dass er viel Zeit hatte, etwas zu sagen."
Hier endete das Versteckspiel bin Ladens: Videoaufnahmen zeigen das Innere des Hauses. Nach dem Kampf sind auf dem Fußboden Blutflecken. Kleidungsstücke, Kissen und zertrümmertes Glas liegen umher. Quelle: dpa
Überall in dem Zimmer finden sich Blutlachen. Quelle: Reuters
In dem Haus herrscht Chaos. Ein Kleiderschrank und ein Wandregal sind durchwühlt. Quelle: dpa
Bild von Abbottabad. Der Ort liegt auf 1300 Metern Höhe im Norden Pakistans, etwa zweieinhalb Autostunden von der Hauptstadt Islamabad entfernt. Schätzungsweise 150.000 Menschen leben hier. Der Ort gilt als Ruhesitz vieler pensionierter Offiziere in Pakistan. Quelle: dpa
Der letzte Zufluchtsort von Osama bin Laden ist ein dreistöckiges, leicht heruntergekommenes Gebäude, umgeben von fünf Meter hohen Mauern. Quelle: dpa
Luftaufnahme vom Rückzugsort bin Ladens. Das Gelände lag am Rande der Kleinstadt Abbottabad. Quelle: Reuters
Die Grafik zeigt das Gebäude mit dem angrenzenden Gelände, in dem Osama bin Laden in den letzten fünf bis sechs Jahren lebte. Quelle: dpa
Ein pakistanischer Soldat patrouilliert auf dem Dach des Gebäudes. Quelle: dapd
Der Absturzort, des während des Gefechts abgestürzten US-Militärhubschraubers, grenzt an das Grundstücks bin Ladens. Quelle: dpa
Eine fünf Meter hohe Mauer schützt das Anwesen. Das Foto zeigt eins der zwei bewachten
Bin Laden hatte 500 Euro in seine Kleidung eingenäht
Eine Tochter bin Ladens widerspricht der Schilderung Panettas. Laut pakistanischen Medienberichten hat sie die Erschießung ihres Vaters durch US-Spezialkräfte hautnah miterlebt. Wie die Zeitung "The News" am Mittwoch unter Berufung auf Sicherheitskreise in Pakistan berichtete, wurde Bin Laden nach Aussage des zwölfjährigen Mädchens bei der Kommandoaktion in der Stadt Abbottabad zunächst lebend gefasst und wenig später vor den Augen seiner Familie erschossen. Die Leiche sei von den Amerikanern abtransportiert worden.
Nach Aussage der Tochter sei eine zweite Person von den US-Truppen in einem Hubschrauber mitgenommen worden, berichtete "The News". Dabei soll es sich um einen Sohn Bin Ladens gehandelt haben. Unklar sei allerdings, ob dieser zu diesem Zeitpunkt noch am Leben war.
CIA-Direktor Leon Panetta soll noch ein anderes Detail bekannt gegeben haben: Laut einem Bericht des Internetmediums Politico Bin Laden 500 Euro Bargeld und zwei Telefonnummern in seine Kleidung eingenäht, soll Panetta t) am Dienstag bei der Unterrichtung von Kongressmitgliedern über die Operation in Pakistan enthüllt haben. Demnach wird diese Entdeckung als sicheres Zeichen dafür gewertet, dass sich der Al-Kaida-Führer darauf vorbereitet hatte, notfalls in Sekundenschnelle zu fliehen.
Wie es hieß, informierte Panetta über die gefundenen Euro und Telefonnummern in seiner Antwort auf eine Frage, warum sich Bin Laden auf seinem Anwesen nicht stärker von Sicherheitskräften schützen ließ. Dem CIA-Chef zufolge glaubte der Terroristenführer anscheinend, dass sein Netzwerk stark genug sei, ihn rechtzeitig vor einem möglichen US-Angriff zu warnen.
Die meistgesuchten Terroristen
Aiman al Sawahiri
Gesucht wegen Mordes an amerikanischen Staatsbürgern und Verschwörung zum Mord. Al Sawahiri wird eine entscheidende Rolle bei den Attacken auf die US-Botschaften in Daressalam und Nairobi im Jahr 1998 zugeschrieben. Der Physiker gründete die Organisation Egyptian Islamic Jihad, die sich später mit al-Kaida zusammenschloss. Belohnung: Bis zu 25 Millionen Dollar sind für Hinweise, die zur Festnahme oder Verurteilung führen, ausgeschrieben.
Adnan G. el Shukrijumah
Er wurde im Jahr 2010 einer terroristischen Verschwörung gegen die USA beschuldigt. El Shukrijumah soll Anschläge auf die New Yorker U-Bahn geplant haben und gilt als einer der Anführer der im Ausland tätigen Zellen von Al-Kaida. Belohnung: Bis zu 5 Millionen Dollar
Fahd al Quso
Gesucht wegen Verschwörung zum Mord an amerikanischen Staatsbürgern und Militärpersonal. Al Quso soll an der Attacke auf den amerikanischen Zerstörer USS Cole im Hafen von Aden (Jemen) beteiligt gewesen sein. Dabei wurden 17 amerikanische Matrosen getötet. Belohnung: Bis zu 5 Millionen Dollar
Jamel al Badawi
Auch al Badawi soll an den Angriffen auf die USS Cole beteiligt gewesen sein. Er wurde im März 2004 gefangen genommen, konnte aber aus dem jemenitischen Gewahrsam im Februar 2006 fliehen. Belohnung: Bis zu 5 Millionen Dollar
Abdullah Ahmed Abdullah
Abdullah wird eine Beteiligung an den Anschlägen auf US-Botschaften in Daressalam (Tansania) und Nairobi (Kenia) im Jahr 1998 angelastet. Er floh aus Kenia nach Karachi in Pakistan. Belohnung: Bis zu 5 Millionen Dollar
Saif al Adel
Er war maßgeblich an den Explosionen in den US-Botschaften beteiligt. Al Adel soll ein hochrangiges Mitglied des Al-Kaida-Netzwerkes sein. Belohnung: Bis zu 5 Millionen Dollar
Ahmed Mohammed Hamed Ali
Auch Ali soll an den Attacken auf die US-Botschaften in Tansania und Kenia beteiligt gewesen sein. Wie Abdullah floh er aus Kenia nach Pakistan. Belohnung: Bis zu 5 Millionen Dollar
Anas al Liby
Steht auch im Zusammenhang mit den Anschlägen auf die US-Botschaften. Al Liby lebt in Großbritannien, wo er Asyl beantragt hat. Belohnung: Bis zu 5 Millionen Dollar
Fazul Abdullah Mohammed
Mohammed, ein Computerspezialist aus Kenia, war ebenfalls an den Bombenanschlägen auf US-Botschaften beteiligt. Belohnung: Bis zu 5 Millionen Dollar
Ahmed Ibrahim al Mughassil
Beteiligt an den Anschlägen auf ein Gebäude in der Stadt Khobar, Saudi-Arabien. Dabei kamen zwanzig Menschen ums Leben, über 300 wurden verletzt. Im Gebäude waren ausländische Militärkräfte stationiert. 19 US-Soldaten kamen bei dem Anschlag ums Leben. Laut FBI ("Ist für Auslandsangelegenheiten nicht der CIA zuständig?") ist Mughassil der Kopf des Militärflügels der saudischen Hisbollah. Belohnung: Bis zu 5 Millionen Dollar
Abdelkarim Hussein Mohamed al Nasser
Al Nasser ist der mutmaßliche Anführer der saudischen Hisbollah und nahm auch an den Angriffen auf die Gebäude in Khobar teil. Belohnung: Bis zu 5 Millionen Dollar
Ali Saed bin Ali el Hoorie
El Hoorie ist saudischen Ursprungs und ist ebenfalls an den Attacken auf die Khobar Towers beteiligt gewesen. Belohnung: Bis zu 5 Millionen Dollar
Isnilon Totoni Hapilon
Der philippinisch-stämmige Hapilon ist mutmaßlich eines der führenden Mitglieder der terroristischen Abu Sayyaf Gruppe. Diese Vereinigung hat sich der Geiselnahme und des Mordes schuldig gemacht. Belohnung: Bis zu 5 Millionen Dollar
Zulkifli Abdhir
Abdhir ist der mutmaßliche Anführer der Terrororganisation Kumpulun Mujahidin Malaysia. Zudem soll er andere Terroristen im Bau und Umgang mit Bomben schulen, darunter auch die Abu Sayyaf Gruppe. Er wurde in den USA zum Ingenieur ausgebildet. Belohnung: Bis zu 5 Millionen Dollar
Abdul Rahman Yasin
Yasin wird gesucht, weil er an den Bombenanschlägen auf das World Trade Center im Jahr 1993 beteiligt gewesen sein soll. Bei den Explosionen in New York starben sechs Menschen. Belohnung: Bis zu 5 Millionen Dollar
Dem Bericht zufolge befindet sich die Tochter mit anderen Familienmitgliedern in der Hand der pakistanischen Behörden. Darunter seien zwei Frauen und sechs Kinder im Alter zwischen zwei und zwölf Jahren sowie weitere, nicht näher benannte Personen. Pakistanische Sicherheitskräfte hätten nach Ende des US-Einsatzes insgesamt 16 Menschen lebend und mit gefesselten Händen in dem Haus angetroffen.
Polizeiangaben zufolge wurde inzwischen der für den Bau des Unterschlupfes verantwortliche Unternehmer festgenommen. Die Behörden wollten herausfinden, ob das massiv gesicherte Anwesen mit dem dreistöckigen Wohnhaus eigens als Versteck für das Terrornetz Al-Kaida errichtet worden sei, sagte am Mittwoch ein Polizeisprecher in der Stadt Abbottabad. Gesucht werde noch nach dem Eigentümer, der den Bau im Jahr 2005 auch in Auftrag gegeben haben soll.
Pakistan war nach Angaben von Präsident Asif Ali Zardari nicht an der Tötung Bin Ladens in der Nacht zum Montag beteiligt. Man habe auch nicht gewusst, dass sich der weltweit gesuchte Terrorist im Land aufhielt. Unter Sicherheitsexperten gibt es jedoch starke Zweifel, dass Bin Laden ohne Wissen von Geheimdiensten und anderen Behörden jahrelang unbehelligt in Pakistan leben konnte.
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