«Viele Politiker vertreten nur noch die Interessen ihrer Geldgeber»
Aktualisiert am 08.06.2011 25 Kommentare
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«Viele Politiker vertreten nicht mehr die Interessen von Land und Leuten, sondern nur noch die ihrer Geldgebern», sagte SVP-Nationalrat Lukas Reimann, Kopf der Transparenz-Initiative, vor den Medien in Bern. Weil entsprechende Vorstösse im Parlament scheiterten, brauche es nun die Volksinitiative «für die Offenlegung der Politiker-Einkünfte». Diese solle der Politik wieder mehr Glaubwürdigkeit verleihen.
Die Initiative sieht vor, dass künftig jedes Mitglied von National- und Ständerat seine Nebeneinkünfte und Geschenke offenlegt, welche mit dem Parlamentsmandat in Zusammenhang stehen. Angeben sollen die Politikerinnen und Politiker auch ihren Hauptberuf - nicht aber, wie viel sie damit verdienen.
«Dunkelkammer der Nation»
Auf diese Angabe könne verzichtet werden, sagte der St. Galler Nationalrat Reimann. Denn es sei klar, dass ein Parlamentarier im Interesse seiner Branche politisiere, unabhängig davon, wie viel er verdiene. Zuerst hatte Reimann auch die Offenlegung des Haupteinkommens im Initiativtext festschreiben wollen.
Dafür wurde der Initiativtext mit einer SVP-Forderung ergänzt. So soll das Abstimmungsverhalten der Parlamentarier auch im Ständerat aufgezeichnet werden. Im der kleinen Kammer wird nicht elektronisch, sondern per Handerheben abgestimmt. Der Ständerat sei deshalb die «Dunkelkammer der Nation», schimpfte die SVP wiederholt.
Es nütze nichts, die finanziellen Verbindungen der Ständeräte zu kennen, aber nicht deren Abstimmungsverhalten, sagte Reimann zum neuen Passus in der Initiative. Beide Forderungen gehörten deshalb zusammen.
Grüne-Vize-Präsidentin: «Ein erster Schritt»
Unterstützt wird die Transparenz-Initiative auch von der Vize- Präsidentin der Grünen Partei, Aline Trede. «Die Initiative ist für mich ein Schritt in die richtige Richtung», sagte sie. Insbesondere der Filz der Atomlobby sei ihr ein Dorn im Auge. Doch es gebe auch Filz bei den Krankenkassen oder der Pharmaindustrie.
Neben Trede und Reimann sind im Initiativkomitee auch Vertreter der Jungparteien von FDP und CVP sowie Mitglieder der GLP und der Piratenpartei. Als einzige Parteien unterstützen die Jungen Grünen und die Piratenpartei die Initiative bis jetzt offiziell. «Wir hoffen, dass weitere dazustossen», sagte Reimann.
Definitiv nicht dabei sind die JungsozialistInnen (Juso). «Hier handelt es sich um eine Spass-Initiative», sagte Präsident David Roth auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Das grosse Geld fliesse direkt den bürgerlichen Parteien zu - insbesondere Reimanns Partei, der SVP. Aber dagegen wolle Reimann leider nichts machen.
«Das ist lächerlich»
Weiter stört sich Roth daran, dass nicht alle Nebeneinkünfte angegeben werden müssen, sondern nur jene, die mit dem Parlamentsmandat in Zusammenhang stehen. «Das ist lächerlich.» Darüber hinaus sei es bedauerlich, dass die Diskussion über ein wichtiges Thema mit weichgespülten Forderungen besetzt werde.
Die Initianten haben bis zum 8. Dezember 2012 Zeit, die benötigten 100'000 Unterschriften zu sammeln. Kürzlich zeigte eine Studie, dass die Bundesparlamentarier zusammen über 2045 Mandate verfügen - die meisten davon sind Verwaltungsratsmandate. FDP und CVP vertreten mit ihren Mandaten 11 Milliarden Franken Kapital, was 92 Prozent der Kapitalisierung aller Mandate entspricht. (pbe/sda)
Erstellt: 08.06.2011, 16:38 Uhr
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