Auch Los Angeles klagt
In Amerika steigt der Druck auf die Deutsche Bank
Seit geraumer Zeit nehmen die Angriffe auf die Deutsche Bank wegen der Rolle des Kreditinstituts in der Finanzkrise zu. Die milliardenschwere Klage der amerikanischen Regierung stellt den Höhepunkt dar. Jetzt klagt auch noch die Stadt Los Angeles.
Eingang zum Deutsche-Bank-Turm in der Wall Street
04. Mai 2011 2011-05-04 18:40:00
Die Deutsche Bank steht in Amerika wegen ihrer Rolle in der Finanzkrise schon seit längerem unter öffentlichem und juristischem Druck. Am Mittwoch warf die Staatsanwaltschaft von Los Angeles dem Kreditinstitut nun vor, Schuldner widerrechtlich aus ihren Häusern vertrieben zu haben und reichte Klage ein. Die zuvor am Dienstag von der amerikanischen Regierung eingereichte Klage wegen falscher Angaben zu Hypothekenkrediten stellt den Höhepunkt dar. Gegen diese Klage, in der Washington Schadensersatz von mehr als 1 Milliarde Dollar fordert, will sich die Deutsche Bank mit allen Mitteln wehren. Ein Sprecher erklärte am Mittwoch, dass fast 90 Prozent der von den Vorwürfen betroffenen Aktivitäten aus der Zeit vor der Übernahme der ebenfalls angeklagten Tochtergesellschaft Mortgage IT stammen. Die Klage entbehre jeglicher Grundlage.
Die Deutsche Bank hatte den amerikanischen Hypothekenfinanzierer im Jahr 2007 für 430 Millionen Dollar übernommen. Die Bundesstaatsanwaltschaft in New York beschuldigt die Deutsche Bank und Mortgage IT, sich mit falschen Angaben zu der Qualität der Kreditnehmer Bürgschaften eines staatlichen Förderprogramms erschlichen zu haben. Die Klage bezieht sich auf den Zeitraum 1999 bis 2009, in dem die Bank insgesamt 39.000 Kredite über 5 Milliarden Dollar in das Förderprogramm eingereicht habe.Die amerikanische Regierung wollte auch Geringverdienern den Erwerb einer Immobilie ermöglichen. Daher warb die zuständige Behörde, das Department of Housing and Urban Development, mit großzügigen Konditionen. Selbst eine schlechte Kreditwürdigkeit stellte für die Behörde kein Hindernis dar. Die Deutsche Bank betont, dass sie Mortgage IT 2007 in gutem Glauben erworben habe, zumal der Finanzdienstleister bereits fast ein Jahrzehnt unter der Aufsicht dieser Behörde gewesen sei und während dieser Zeit den überwiegenden Teil der jetzt angefochtenen Garantien beantragt habe. Bislang ist der Regierung durch die von der Bank eingereichten Kredite ein Schaden von 386 Millionen Dollar entstanden. Sie befürchtet weitere Belastungen über 888 Millionen Dollar bei Krediten, die bereits ausgefallen, aber deren Bürgschaften bislang noch nicht beansprucht worden sind. Laut Klageschrift fordert die Regierung Schadensersatz und Strafzahlungen in dreifacher Höhe des entstandenen Schadens. Sie wirft der Bank zudem vor, von den Verkäufen der geräumten Häuser profitiert zu haben.
Angriffe auf die Deutsche Bank haben in jüngster Zeit zugenommen. Erst im April warf ein Untersuchungsausschuss des Senats Banken an der Wall Street „schäbige, risikoreiche und täuschende“ Geschäftsmethoden vor. Die Deutsche Bank stand neben Wall-Street-Primus Goldman Sachs am stärksten in der Kritik. Der Bericht widmete ihr ein eigenes Kapitel. Die Vorwürfe konzentrierten sich auf Geschäfte mit Hypothekenanleihen, also mit Immobilienkrediten besicherten Wertpapieren.
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Der Senatsbericht zitierte E-Mails des damals führenden Hypothekenhändlers der Deutschen Bank, Greg Lippmann, der bestimmte Hypothekenpapiere als „Mist“ bezeichnete. Lippmann, der mittlerweile einen eigenen Hedge-Fonds gegründet hat, trug im Handelssaal der Bank manchmal provozierende T-Shirts mit der Aufschrift: „Ich wette gegen Ihr Haus.“ Zudem gehörte er zu einer Gruppe von Händlern verschiedener Banken, die mit innovativen Produkten Wetten gegen den Häusermarkt für Profianleger vereinfachten. Die Senatoren werfen der Bank Interessenkonflikte vor, weil sie trotz der negativen Haltung des Händlers Kunden Hypothekenpapiere verkauft hatte, die mit dem Verfall des Immobilienmarktes stark an Wert verloren. Goldman Sachs hatte 2010 nach einer Klage der Börsenaufsicht SEC ähnliche Vorwürfe mit einem außergerichtlichen Vergleich von 550 Millionen Dollar beigelegt. Die SEC steht nach Presseberichten auch vor Vergleichen mit anderen großen Banken. In Kreisen der Deutschen Bank hieß es zuletzt aber, dass die SEC gegen sie nicht ermittele.
Abgesehen davon sind eine Reihe von Klagen von Firmenkunden anhängig. Im Februar hatte der Schadensversicherer Allstate eine Klage gegen die Deutsche Bank und die Citigroup angestrengt. Allstate fordert Schadensersatz für Verluste bei Hypothekenanleihen im Nennwert von mehr als 385 Millionen Dollar. Die Banken hätten die Wertpapiere als sicher bezeichnet, da sie hohe Bonitätsnoten hatten und mit hochwertigen Darlehen besichert gewesen seien. Tatsächlich seien den Banken nach Darstellung des Versicherers die hohen Risiken der Papiere aber bewusst gewesen. Auch die New Yorker Regionalbank M&T Bank hat die Deutsche Bank wegen angeblich falscher Angaben und Betrugs bei einem CDO-Geschäft verklagt. Die Bank verteidigt sich mit dem Argument, dass diese Kunden erfahrene Anleger gewesen seien. Interessenkonflikte seien Teil des normalen Geschäfts. Auch die Deutsche Bank hat mit Engagements im Hypothekenmarkt Milliarden von Dollar verloren.
Auch Städte wie Cleveland, die stark von der Häuserkrise betroffen sind, haben die Deutsche Bank und andere Institute auf Schadensersatz in mehrstelliger Millionen-Dollar-Höhe verklagt. Am Mittwoch kam nun Los Angeles hinzu. Dabei geht es um die Rolle der Deutschen Bank als Treuhänder für Hypothekenbanken. Wenn ein Kreditnehmer die Raten nicht mehr zahlen kann, fällt die Immobilie häufig an den Treuhänder. „Die Staatsanwaltschaft Los Angeles hat Klage gegen die falsche Partei eingereicht“, erklärte ein Banksprecher. „Die Deutsche Bank ist in ihrer Rolle als Treuhänderin nicht für die Zwangsvollstreckungen verantwortlich. Dies sind vertragsgemäß die sogenannten Loan Servicer.“ Dies habe die Bank der Staatsanwaltschaft mehrfach verdeutlicht. „Die Staatsanwaltschaft hat jedoch unsere Hilfe abgelehnt und noch nicht einmal Informationen zur Verfügung gestellt, um welche Liegenschaften es sich überhaupt handelt“, sagte der Sprecher der Deutschen Bank am Mittwoch Abend. Die Deutsche Bank gehört in Amerika zu den vier größten Instituten im Treuhändergeschäft. (Kommentar, Seite 18)
Text: F.A.Z.
Bildmaterial: ©Helmut Fricke
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